CeBIT kämpft gegen Bedeutungsverlust
28. Februar 2010Weniger Besucher, weniger Aussteller, weniger Aufmerksamkeit: Mit der weltgrößten IT-Messe CeBIT geht es seit Jahren bergab. Zur Jahrtausendwende strömten noch 800.000 Besucher in die Messehallen von Hannover - im vergangenen Jahr hatte sich diese Zahl halbiert. Der frühere Kult-Status ist dahin. Denn für fast jedes Segment der IT-Industrie gibt es inzwischen eigene Messen. Die Handybranche trifft sich im Frühjahr in Barcelona, die PC-Hersteller und Anbieter von Unterhaltungselektronik bevorzugen die Consumer Electronics Show in Las Vegas oder die Internationale Funkausstellung in Berlin.
Der Veranstalter der CeBIT, die Deutsche Messe AG, ist dagegen überzeugt, dass die Bedeutung heute größer ist als zur Zeit des großen Besucherandrangs. "Die CeBIT ist nach wie vor die größte Business-to-business-Messe weltweit in der Industrie für Information und Telekommunikation", sagt Vorstandsvorsitzender Wolfram von Fritsch. "Und diese Bedeutung ist noch gewachsen."
Laien oder Profis?
Als die Messe noch Kult-Status hatte und sich 800.000 Menschen in den Hallen drängten, schlugen die Aussteller Krach: Vor lauter Privatleuten, die nur auf der Jagd nach Werbegeschenken seien, käme man überhaupt nicht mehr zu vernünftigen Gesprächen und Verhandlungen mit den Fachbesuchern, lautete der Vorwurf damals. Deshalb standen in den vergangenen Jahren ausschließlich die IT-Profis im Mittelpunkt - was den Schrumpfungsprozess der Messe allerdings auch nicht aufgehalten hat.
Nun die Kehrtwende: Neben den Profis sind auch wieder die Privatkunden gefragt. Die Rollen der Beteiligten hätten sich in der IT-Industrie geändert, sagt Messe-Chef von Fritsch. "Es gibt nicht mehr den Fachmann und den Consumer, sondern es gibt das, was man auf Neudeutsch den 'Prosumer' nennt, nämlich den Verbraucher, den Nutzer, den Anwender, der die Anwendung aktiv mitgestaltet." Die CeBIT versuche daher, alle Bereiche zu bedienen. "Deswegen findet man in diesem Jahr sehr viel mehr von den Prosumern wieder, und deswegen muss man auch die Themen abbilden, in dem die unterschiedlichen Beteiligten wirklich eine Rolle spielen", so von Fritsch.
Die großen Themen der CeBIT
Achim Berg, Deutschlandchef des US-Giganten Microsoft, findet diese neue Ausrichtung gut, weil sich überall sehen ließe, dass Beruf und Freizeit miteinander verschmelzen. Bestes Beispiel seien die Smartphones, die aus dem Konsumentenbereich nun ins Berufsleben einzögen. Mit diesen neuen Handys kann man im Internet surfen - das Internet wird mobil.
Das mobile Internet sei eines der wichtigsten Themen der diesjährigen Messe, sagt Jürgen Kuri, stellvertretender Chefredakteur der Computer-Fachzeitschrift c't. Ein weiteres Thema sei das so genannte Cloud Computing. "Das heißt, dass sich Daten und Anwendungen ins Netz verlagern." Cloud Computing sei für Privatanwender ebenso interessant wie für Unternehmen, so Kuri. Privatleute könnten ihre gesamten Dokumente ins Netz stellen und mit Programmen arbeiten, die nicht auf ihrem Computer installiert sind, sondern von den Herstellern über das Internet zur Verfügung gestellt werden.
Auch wenn es dieses Jahr wieder weniger Aussteller sind: Knapp 300 von ihnen sind zum ersten Mal auf der CeBIT, darunter auch der Internet-Konzern Google und der weltgrößte Internet-Händler Amazon.
Alles ist mit allem verbunden
Der Schwerpunkt der Messe heißt diesmal "Connected Worlds" - vernetzte Welten. Hier soll gezeigt werden, wie die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, mobiler und stationärer Anwendung, Online und Offline langsam verschwinden. So wird man etwa in einer Messehalle eine 400 Quadratmeter große Wohnung besichtigen können: die total vernetzte "Wohnung der Zukunft", mit Küche, Wohnzimmer und Fitnessraum. Dort soll zum Beispiel ein Energieassistent beim sparsamen Umgang mit Heizung und Licht helfen, ein digitaler Küchenhelfer soll für gesunde und ausgewogene Ernährung und ein so genannter Gesundheitsassistent für die nötige Fitness der Bewohner sorgen.
Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Andreas Becker