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Politik

CDU wird das Thema AfD nicht los

Kay-Alexander Scholz
5. November 2019

17 CDU-Politiker aus Thüringen haben "ergebnisoffene" Gespräche mit der AfD gefordert und sich damit gegen die Bundespartei gestellt. Die alte Debatte wird damit neu belebt: Wie soll die Union mit der AfD umgehen?

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Deutschland Landtagswahl in Thüringen | TV Wahlstudio
Bild: picture-alliance/dpa/R. Michael

Die Christdemokraten in Deutschland stecken in der Klemme. Die Partei braucht neue Koalitionspartner, um Regierungskoalitionen bilden zu können. Für die traditionellen Zweier-Bündnisse mit SPD, FDP oder Grünen reicht es oftmals nicht mehr.

Eine Option sind Dreierbündnisse, wie sie derzeit in Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt regieren sowie in Sachsen und Brandenburg geplant sind. Andere Konstellationen sind mit einer grundlegenderen Frage verbunden: Rutscht die CDU nach rechts und arbeitet in einem Bundesland zum ersten Mal mit den Rechtspopulisten der AfD zusammen?

Die Frage nach dem Umgang mit den Rechtspopulisten stellt sich speziell in Ost-Deutschland ganz aktuell. Zum einen, weil dort gerade Wahlen stattfanden und Regierungen gebildet werden müssen. Zum anderen sind dort die Rechtspopulisten zweitstärkste, in manchen Regionen sogar stärkte Partei. Dass die AfD-Werte wieder sinken, ist aktuell nicht absehbar.

Komplizierte Mehrheitsverhältnisse in Thüringen

In Thüringen, auch dort wurde gerade gewählt, sind die Mehrheitsverhältnisse derzeit am kompliziertesten. Die politischen Ränder sind zusammen stärker als die Mitte-Parteien. Theoretisch würde es für eine Koalition der CDU mit der Linkspartei reichen. Doch das ist an der dortigen CDU-Basis nicht durchsetzbar.

Rechnerisch möglich wäre auch ein Bündnis mit der FDP und der AfD. "Das sollte man nicht von vornherein ausschließen", hatte der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Heym schon kurz nach der Wahl gesagt. Man tue der Demokratie keinen Gefallen, "wenn man ein Viertel der Wählerschaft verprellt". Die AfD war mit 23 Prozent zweitstärkste Kraft geworden. Laut Heym gebe es eine "bürgerliche Mehrheit rechts" aus CDU, AfD und FDP. Heym ist kein Hinterbänkler, sondern einflussreicher Vize-Fraktionsvorsitzender der CDU-Landtagsfraktion.

Die Brisanz hinter dieser Aussage: Die CDU hatte im Vorstand und auf einem Parteitag Koalitionen, sogar Gespräche mit der teils rechtsextremen AfD verboten. Aber nicht alle an der Parteibasis sehen das so. Zuletzt hatte es gegenteilige Meinungen aus Sachsen-Anhalt gegeben. Auf kommunaler Ebene - auch dort soll es eigentlich keine Zusammenarbeit geben - sind gemeinsame Abstimmungen schon Realität.

Thüringer CDU-Landtagsabgeordneten Michael Heym
Der Thüringer CDU-Fraktionsvize Michael Heym plädiert für einen Öffnungskurs in Richtung AfDBild: picture-alliance/dpa/M. Schutt

Flirt der CDU Thüringens mit der AfD

Nun haben 17 CDU-Funktionäre aus Thüringen einen Appell unter der Überschrift "Demokratie braucht Dialog" veröffentlicht. Es müssten "ergebnisoffene" Gespräche mit der AfD geführt werden. Manche Unterzeichner sollen zum Umfeld der "Werteunion" gehören. Das ist der Zusammenschluss einiger tausend Mitglieder von CDU und ihrer bayerischen Schwesterpartei CSU, die sich am rechten Rand der Unionsparteien positionieren.

In der AfD-Bundestagsfraktion wurden die Nachrichten aus Thüringen mit wenig Überraschung aufgenommen. Dort wird schon länger darauf spekuliert, dass die Union sich entlang der Frage "Grüne oder AfD?" spaltet. Wie explosiv die Lage ist, zeigen Reaktionen aus der CDU. Der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz forderte einen Parteiausschluss von Heym. Die AfD sei eben keine bürgerliche Partei und die Zahl ihrer Wähler sei kein Argument. Ein Parteiausschluss aber ist so einfach nicht möglich.

Mike Mohring
Thüringens CDU-Chef und Spitzenkandidat Mike Mohring will versuchen, ohne Mehrheit Thüringen zu regierenBild: picture-alliance/dpa/M. Schutt

Hintergrund der Diskussion dürfte auch sein, dass die CDU versucht, eine erneute Regierung unter Führung der Linkspartei zu verhindern. Chancenlos ist das nicht, da auch die linken Parteien zusammen keine Mehrheit haben. Die CDU könnte einen eigenen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten aufstellen, der dann eine Minderheitsregierung anführt. Die Frage ist nur, ob die AfD für den CDU-Kandidaten stimmen würde - und die Minderheitsregierung dann von der AfD toleriert würde.

CDU-Generalsekretär erteilt klare Absage

Die AfD in Thüringen wird von Björn Höcke angeführt - er steht für den ultrarechten Rand der AfD und ist international bekannt wegen seiner teils rechtsextremen Rhetorik. Man sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, sagte Höcke nach der Wahl Ende Oktober in Berlin auf die Frage nach einer Koalition, in der die AfD stärker als die CDU wäre. Auch Parteichef Alexander Gauland brachte eine "bürgerliche Mehrheit" ins Gespräch. Doch selbst im Thüringer CDU-Appell wird eine echte Koalition mit der AfD ausgeschlossen. Aber wozu dann miteinander reden?

Deutschland CDU-Bundesparteitag Paul Ziemiak
"Die AfD sät Hass und versucht unser Land zu spalten" - CDU-Generalsekretär Paul ZiemiakBild: Reuters/K. Pfaffenbach

Der Vorstoß sei "irre", kritisierte Paul Ziemiak. Jegliche Form der Zusammenarbeit - "nicht nur Koalition, sondern jegliche Form, auch irgendwelche Stimmen oder wie auch immer von der AfD - ist für uns nicht akzeptabel", sagte der Generalsekretär der CDU. "Es geht hier nicht um irgendwelche strategischen Überlegungen, es geht hier um die Frage von Werten und Grundsätzen." Ziemiak stellte die Frage, ob die Unterzeichner noch in der richtigen Partei seien. Die Meinung der CDU zur AfD habe sich nicht geändert: "Punkt aus. Ende der Durchsage".

Bröckelt die Brandmauer nach rechts?

Auch von der SPD kamen deutliche Worte: Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer müsse nun einschreiten, forderte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Die "Brandmauer nach rechts" kriege immer mehr Risse. Das müsse gestoppt werden. 

Scharfe Kritik kam auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland. "Die Thüringer CDU-Kommunalpolitiker, die gesprächsoffen für die AfD sein wollen, handeln verantwortungslos. Denn sie tragen dazu bei, die AfD weiter salonfähig zu machen", sagte Präsident Josef Schuster. 

Aus der Führung der Thüringer CDU kam schließlich eine Absage an eine Zusammenarbeit mit der AfD. "Der Unvereinbarkeitsbeschluss gilt", sagte Landes-Generalsekretär Raymond Walk. CDU-Chef Mike Mohring wolle zwar eine Minderheitsregierung versuchen - aber mit SPD, Grünen und FDP.