CDU-Vorsitz-Marathon auf der Zielgeraden
9. Januar 2021Eine Woche vor dem Parteitag zur Wahl eines neuen CDU-Vorsitzenden haben die drei Bewerber nochmals versucht, für sich zu werben. Dabei wurden unterschiedliche Positionen vor allem in der Klimapolitik deutlich.
So warnte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (59) davor, die deutsche Industrie durch überzogene Klimaschutzmaßnahmen zu ruinieren. Wer Stahl- oder Chemieindustrie im Land halten wolle, müsse für bezahlbaren Strom sorgen. "Wenn die Stahlindustrie abwandert nach China und da den Stahl produziert, ist dem Weltklima nicht gedient. Ein Stahlwerk in Duisburg ist ein Beitrag zum Weltklima", sagte Laschet.
Der frühere Bundesumweltminister Norbert Röttgen (55) forderte ein ambitionierteres Vorgehen. "Wenn wir immer sagen, wir dürfen nur so viel Klimaschutz machen, damit das Unternehmen nicht nach China ausweicht vor unserer Gesetzgebung, dann ist das immer noch in Gedanken der Gegensatz, dass das Klima und der Klimaschutz die Bedrohung von Industrie ist." Und er warnte: "Wenn wir in dem Denken bleiben, werden wir den Klimaschutz nicht erreichen, den Klimawandel nicht stoppen, und wir werden die Zukunft der Industrie und der Wirtschaft aushöhlen."
Der ehemalige CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag, Friedrich Merz (65), wies auf die erreichten Erfolge bei der Minderung von Treibhausgasen in Deutschland hin. "Wir haben 36 Prozent Minus in Deutschland. Und insofern ist es richtig zu sagen: Wir sind auf einem guten Weg. Aber die zweite Halbzeit wird die schwierigere." Man müsse die Anstrengungen "deutlich verstärken", betonte Merz. "Wir müssen sehr viel mehr tun, aber wir müssen versuchen, es mit Marktwirtschaft zu verbinden, mit marktwirtschaftlichen Instrumenten."
Übereinstimmend ...
... plädierten die drei Kandidaten dafür, dass in der Europäischen Union eine Gruppe von Staaten in der Außenpolitik vorangehen sollte. Um Blockaden angesichts der bisherigen Einstimmigkeit zu vermeiden, sollten einige der 27 EU-Mitglieder ihre Kooperation verstärken, sagten Laschet, Merz und Röttgen bei der anderthalbstündigen Debatte in der Berliner CDU-Zentrale. Deutschland und Frankreich müssten vorangehen, "offen für alle anderen", so Laschet. "Das wird irgendwann zu Mehrheitsentscheidungen führen." Röttgen, derzeit Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, sprach von einer "Gruppe der Willigen", der Wirtschaftspolitiker Merz von nötigen "bilateralen Absprachen".
Zum Abschluss der live übertragenen Runde wies Laschet vor allem auf seine Regierungserfahrung in Nordrhein-Westfalen hin. Er bringe für den CDU-Bundesvorsitz die "Leitung eines großen Landes" und den "Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen" mit, warb er für sich. Es sei außerdem "sicher nicht schädlich", dass er schon mal eine Wahl gewonnen habe.
Merz meinte, Deutschland stehe vor großen Aufgaben, aber auch auf einem festen Fundament. Es gehe darum, den Aufbruch zu wagen und Erneuerung zu ermöglichen. Er habe insbesondere Vorschläge gemacht für eine "ökologische Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft", einen "neuen Generationenvertrag". Die CDU müsse "Europapartei" bleiben und den Anspruch haben, "Volkspartei der Mitte" zu sein.
Röttgen stellte sich als Alternative zu Laschet und Merz dar. "Ich bin kein Lager, ich stehe für alle", sagte Röttgen. Er stehe für ein klares Modernisierungsprofil: Die CDU müsse "weiblicher, jünger und digitaler" werden.
Oder doch Söder?
Wer auch immer das Rennen beim CDU-Parteitag kommende Woche macht - der Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl im Herbst soll erst später in Abstimmung mit der Schwesterpartei CSU bestimmt werden. So wäre es denkbar, dass der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder für die Union antritt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der Laschet unterstützt, wies Berichte zurück, nach denen er Chancen auf eine eigene Kanzlerkandidatur sondiert habe: "Nein, das stimmt nicht", ließ Spahn erklären.
wa/mak (dpa, afp, rtr)