Castro sieht verdiente Niederlage
2. Oktober 2016Ein gute halbe Stunde verbrachte Gonzalo Castro in der Kabine seines Ex-Klubs. Ein kurzes Gespräch über das Spiel, ein paar Späße mit den ehemaligen Kollegen - der 29-Jährige hatte 16 Jahre in Leverkusen gegen den Ball getreten, bevor er vergangenes Jahr zum BVB wechselte. Mit Borussia Dortmund wollte der Mittelfeldregisseur am späten Samstagabend den Patzer der Bayern ausnutzen, doch die Werkself war an diesem Abend nicht zu bezwingen. "Das wäre ein Big Point gewesen. Vor allem auch um Leverkusen weiter hinter uns zu lassen", sagte Castro zur 0:2-Niederlage. "Aber wir haben noch sehr, sehr viele Spiele bis nächstes Jahr." Man habe in diesem Spiel einfach zu viele eigene Fehler im Spielaufbau gemacht. Doch er sei sich sicher, so Castro weiter, dass man dies bis zum nächsten Spiel abstellen werde.
"Es ist großartig sein Trainer zu sein"
Zwar kämpfte und wühlte Castro auf dem Platz und versuchte gemeinsam mit Julian Weigl das Dortmunder Spiel zu lenken, doch es reichte an diesem Abend nicht. Dennoch gehörte der Dortmunder zu den Aktivposten auf dem Platz. Bereits zum siebten Mal stand er in Tuchels Startformation. "Es ist so, dass alle gerne mit ihm zusammenspielen wollen, weil er den unglaublichen Fleiß auf seiner Position hat, sich 100-prozentig in alle defensiven Abläufe einzubringen", lobte BVB-Coach Tuchel seinen Allrounder bereits vor dem Spitzenspiel in Leverkusen. "Und weil er auch offensiv die Qualität hat, die entscheidenden Dinge zu tun."
Diese entscheidenden Dinge sind nicht immer Tore oder Pässe, die zu solchen führen. Es sind oft die kleinen Aktionen, die abseits der TV-Kameras passieren. Castro arbeitet eher im Hintergrund wie ein verdeckter Ermittler. Seine Aufträge erhält er von seinem Trainer, manchmal auch während des laufenden Spiels. So auch beim Duell gegen Bayer. Tuchel nahm ihn immer wieder zu Seite und schickte ihn mit neuen Anweisungen zurück auf das Feld. "Den Status, den er jetzt hat, hat er sich verdient. Er hat hart dafür gearbeitet, er hat lange die Füße still gehalten, als es zu Beginn ein bisschen schwer war. Er hat sich nie aus der Ruhe bringen lassen. Das ist sehr, sehr bemerkenswert. Es ist großartig, sein Trainer zu sein."
Ein gebrauchter Tag
Castro ist kein Mensch, der das Rampenlicht sucht. Schon während seiner Zeit in Leverkusen hat er es eher gemieden als gesucht. Er macht seinen Job - manchmal tut er das in herausragender Manier, manchmal klappt das aber auch nicht. Aus der Ruhe lässt er sich deswegen aber nicht bringen. "Leverkusen hat im Mittelfeld gut gepresst. Wir haben in einigen Situationen die falsche Entscheidung getroffen", analysierte Castro passend. "Dennoch waren die Chancen da, einen Treffer zu erzielen." Genau diese Gelassenheit wissen seine Mitspieler und sein Trainer an ihm zu schätzen. An diesem Abend war für Castro nach der ersten Halbzeit Feierabend. Die Adduktoren hatten Probleme gemacht. "Wir warten die nächsten Tage jetzt erst einmal ab und schauen, wie es mir dann geht", erklärte er.
Keine Nominierung für die DFB-Elf
Die nächste Woche steht also ganz im Zeichen der Regeneration. Castro wird in Dortmund bleiben, auch weil er vergeblich auf einen Anruf des Bundestrainers gewartet hatte. Mal wieder. Denn trotz zuletzt beeindruckender Werte hatte Joachim Löw den 29-Jährigen auch dieses Mal nicht auf dem Zettel. "Ich bin 100-Prozent davon ausgegangen, dass Gonzo nominiert wird", sagte ein enttäuschter BVB-Trainer bereits am Freitag, "weil die Leistungen jetzt seit so langer Zeit und auf so hohem Niveau so herausragend gut sind, dass ich mir komplett sicher war. Deswegen ist es eine große Enttäuschung gewesen, das jetzt zu hören."
Tuchel weiß vor allem Castros "große Empathie" und "unglaubliche Ruhe" zu schätzen. Diese Qualitäten wird er auch in den kommenden Tagen beim Training des ausgedünnten BVB-Kaders einbringen können, um dann gegen Hertha BSC im nächsten Bundesligaspiel wieder angreifen zu können. "Wir wissen, was wir können. Jetzt geht es darum aus den Fehlern zu lernen und es dann besser zu machen."