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Politik

Bundestag beschließt Bürgergeld

10. November 2022

Nach hochemotionaler Debatte hat der Bundestag das Bürgergeld auf den Weg gebracht. Es soll die Hartz-IV-Grundsicherung ablösen. Doch auch der Bundesrat muss dem Gesetz zustimmen - und dort wollen CDU und CSU mauern.

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Geldscheine in einem Portemonnaie
Geldscheine in einem Portemonnaie (Symbolbild) Bild: Patrick Pleul/dpa/picture alliance

Für den Gesetzentwurf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP haben im Bundestag 385 Abgeordnete gestimmt. 261 Parlamentarier votierten mit Nein, es gab 33 Enthaltungen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach in der Debatte in Berlin von der größten Sozialstaatsreform seit 20 Jahren in Deutschland. Damit würden zwei Ziele verfolgt: Zum einen sollten Menschen, die in existenzielle Not geraten seien, so gut wie möglich abgesichert sein. Zum anderen sollten dadurch die Chancen auf ein selbst bestimmtes Leben erhöht werden.

Der Reform muss allerdings auch der Bundesrat zustimmen. Eine Sondersitzung der Länderkammer findet am kommenden Montag statt. Die Union droht hier mit einer Blockade, weil das Gesetz aus ihrer Sicht die Motivation senkt, eine Arbeit anzunehmen. Die Bundesregierung stellt sich deswegen auf ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat ein. Heil äußerte die Hoffnung, dass mit einem Schnellverfahren bis Ende November die Reform dennoch zum Jahresanfang in Kraft treten könne.

Arbeitsminister Hubertus Heil in der Bundestagsdebatte zum Bürgergeld
Arbeitsminister Hubertus Heil weist den Vorwurf zurück, das Gesetz zum Bürgergeld enthalte zu wenig Anreize für Menschen, eine Beschäftigung anzunehmen Bild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Knapp fünf Millionen Leistungsbezieher betroffen

Sozialdemokraten, Grüne und Freie Demokraten wollen, dass das Bürgergeld ab Anfang 2023 die im Jahr 2005 eingeführte Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) schrittweise ablöst. Die Reform ist eines der wichtigsten sozialpolitischen Vorhaben der Ampel-Koalition. Sie betrifft knapp fünf Millionen Leistungsbezieherinnen und -bezieher sowie 405 Jobcenter mit fast 75.000 Beschäftigten.

Mit der Reform verbunden ist eine Anhebung des derzeitigen Regelsatzes von 449 Euro für Alleinstehende pro Monat auf 502 Euro. Arbeitslose sollen zudem künftig weniger durch angedrohten Leistungsentzug unter Druck gesetzt und dafür bei Weiterbildungsmaßnahmen stärker unterstützt werden. Zudem sollen Vorgaben zur erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgröße bei Leistungsbeziehern gelockert werden.

Die Erhöhung der Zahlungen wollen CDU und CSU mittragen. Sie lehnen aber vor allem die geplante Anhebung der Bemessungsgrenze des sogenannten Schonvermögens ab. Diese finanziellen Reserven müssen Bedürftige nicht antasten, wenn sie Bürgergeld bekommen wollen.

CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe
CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe lehnt Teile der Reform ab Bild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Unions-Vizefraktionschef Hermann Gröhe sprach im Bundestag von einem zentralen Webfehler der Reform. Eine vierköpfige Familie könne 150.000 Euro besitzen und trotzdem Bürgergeld bekommen, sagte Gröhe. "Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann von einem solchen Vermögen nur träumen", erklärte er weiter. Die Koalition gefährde damit die Chancen auf eine Vermittlung der Arbeit.

Grüne und FDP kritisierten im Bundestag Unions-Politiker für Aussagen, künftig hätten arbeitende Geringverdienende weniger Geld als Bürgergeld-Beziehende. Schon heute gebe es durch andere staatliche Leistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag keinen Fall, in dem Arbeitende weniger hätten als diejenigen, die keiner Arbeit nachgingen, machte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, deutlich. Aber es müsse sich stärker lohnen zu arbeiten, statt Bürgergeld zu beziehen. Das erreiche die Reform mit der Erweiterung der Möglichkeiten für Zuverdienste.

Johannes Vogel (FDP)
Mit großer Vehemenz verteidigt Johannes Vogel (FDP) im Plenum das Vorhaben der Koalition Bild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch, kritisierte in der Debatte, das Bürgergeld sei keine Abkehr von Hartz IV. Die geplante Erhöhung des Regelsatzes sei viel zu gering.

se/sti (dpa, rtr, afp, epd, phoenix)