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Büchner-Preisträgerin Kronauer gestorben

Torsten Landsberg
23. Juli 2019

Brigitte Kronauers Geschichten begeisterten Kritik und Publikum gleichermaßen. Nun ist die Schriftstellerin und Büchner-Preisträgerin nach langer und schwerer Krankheit gestorben. Sie wurde 78 Jahre alt.

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Brigitte Kronauer
Bild: picture-alliance/dpa/D. Reinhard

Brigitte Kronauer habe "in Jahrzehnten ein großes Werk geschaffen, das durch Scharfsinn und Artistik zu den bleibenden literarischen Zeugnissen der Nachkriegszeit" zähle; sie sei eine "Meisterin des Vexierspiels, der höheren Heiterkeit und des musikalischen Schreibens". Wenn sich Auszüge aus den Jury-Begründungen des Thomas-Mann- und des Georg-Büchner-Preises so lesen, ist die Preisträgerin eine bedeutende Figur der deutschen Literatur. Am Dienstag gab ihr Verlag Klett-Cotta bekannt, dass Brigitte Kronauer nach langer und schwerer Krankheit am Montag in Hamburg gestorben ist. Sie wurde 78 Jahre alt.

Kronauer kam am 29. Dezember 1940 in Essen zur Welt. Wegen ihrer unlesbaren Handschrift verdonnerte ihr Vater sie zu Schreibübungen, und um nicht fremde Texte abschreiben zu müssen, entstanden bereits ihre ersten eigenen Geschichten. Nach dem Studium der Germanistik und Pädagogik arbeitete Kronauer in Göttingen und Aachen als Lehrerin, ehe sie in den 1970er Jahren nach Hamburg zog und sich dem Schreiben widmete. 1980 erschien ihr erster Roman "Frau Mühlenbeck im Gehäus". Darin lehrt eine ältere Frau eine jüngere, wie das Leben durch die Art seiner Erzählung leichter zu ertragen ist. Kronauer nahm sich ihre Mutter zum Vorbild der alten Dame.

Buchcover Brigitte Kronauer "Zwei schwarze Jäger"
Kronauers Roman "Zwei schwarze Jäger" stand 2009 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.Bild: Klett-Cotta

Boshafte Kehrtwendungen

Es folgten mehrere Romane, Erzählungen und Essays, in denen Kronauer über Freundschaft und Liebe im Bildungsbürgertum erzählte, garniert mit unvorhersehbaren, teils boshaften Kehrtwenden. Die Kritik überschlug sich seit ihren frühen Werken, die "so richtig im Ton, so behutsam in der Sprache, so neu in der narrativen Struktur" waren, wie die "Zeit" urteilte. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki nannte sie "die beste Prosa schreibende Frau der Republik". Der "Tagesspiegel" würdigte die Schriftstellerin zu ihrem 70. Geburtstag als "Ausnahmeerscheinung in der deutschen Gegenwartsliteratur."

Ihr Werk erhielt zahlreiche Preise, darunter der Fontane-Preis der Stadt Berlin, der Hubert-Fichte-Preis der Stadt Hamburg, der Heinrich-Böll- und der Joseph-Breitbach-Preis. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verlieh ihr 2005 den renommierten Büchner-Preis, 2011 folgten der Jean-Paul- und 2017 der Thomas-Mann-Preis. Ihr Roman "Zwei schwarze Jäger" landete 2009 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis, "Der Scheik von Aachen" ging 2017 beim Buchpreis der Leipziger Buchmesse ins Rennen.

"Andere hatten die Auszeichnung mehr verdient"

Angesichts der Reihe an Ehrungen ist kaum zu glauben, dass die Schriftstellerin nach eigener Aussage auch Preise ablehnte. "Nicht etwa, weil ich das Geld nicht gebraucht hätte. Sondern weil ich der Meinung war, dass andere die Auszeichnung mehr verdient hätten oder besser gebrauchen könnten", sagte sie der "Berliner Literaturkritik" 2010 anlässlich ihres 70. Geburtstags. "Das wird einem jedoch entsetzlich übel genommen. Damals habe ich nicht überlegt, dass vielleicht jemand in der Jury für einen gekämpft hat. Heute würde ich das nicht mehr machen, um niemanden zu brüskieren."

Flash-Galerie Georg Büchner Preisträger
Im Alter sei sie gelassener geworden: Brigitte KronauerBild: picture alliance / dpa

Privat lebte Kronauer mit ihrem Ehemann, dem Kunstkritiker Armin Schreiber, und dem Maler Dieter Asmus zusammen. Das Trio hatte in den 1970er Jahren einen kleinen Verlag gegründet, in dem Kronauer, illustriert von Asmus, veröffentlichte, und 1974 ein Haus in Hamburg gekauft, in dem sie bis zuletzt gemeinsam lebten.

Zum Altern sagte sie der "Berliner Literaturkritik": "Das Alter gibt immer zu denken auf. Ich wollte etwa nie 16 Jahre alt werden. Später dann wollte ich mit 28 Jahren sterben, um nicht 30 werden zu müssen. Heute bin ich gelassener." Nach all den Jahren wolle sie mit niemandem tauschen. "Es sind ja die Erfahrungen und Einsichten, die ein Leben erst ausmachen.“

Diese Erfahrungen flossen auch in ihr letztes Buch ein, "Das Schöne, Schäbige, Schwankende", an dem Brigitte Kronauer in diesem Jahr noch arbeitete und das nun, am 9. August, posthum erscheinen wird.