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"Die Bevölkerung braucht Schutz!"

Gaetan Kpadjeba/Hilke Fischer29. Oktober 2013

In der Zentralafrikanischen Republik herrscht seit einem Putsch Anarchie. Die Menschen leiden unter willkürlicher Gewalt, schreibt Amnesty International in einem neuen Bericht. Ein Gespräch mit Autor Godfrey Byaruhanga.

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Godfrey Byaruhanga, Experte bei Amnesty International zur Zentralafrikanischen Republik Foto: Amnesty International/Godfrey Byaruhanga
Bild: Amnesty International/Godfrey Byaruhanga

DW: Herr Byaruhanga, wie beurteilen Sie die aktuelle Lage in der Zentralafrikanischen Republik?

Godfrey Byaruhanga: Die Situation dort ist äußerst beunruhigend. Insbesondere die Séléka-Bewegung, eine Koalition mehrerer Rebellen-Gruppen, verübt Gräueltaten an der Zivilbevölkerung, wie Folter und willkürliche Erschießungen. Die Séléka haben im März Präsident François Bozizé gestürzt - und stellen jetzt selbst das Staatsoberhaupt in einer Interimsregierung. Aber auch die ehemaligen Soldaten des entmachteten Regimes vergewaltigen Frauen und bestehlen Privatpersonen und den Staat. Keiner der Täter landet vor Gericht, nichts wird unternommen um so etwas zu verhindern.

Zur Zeit sind viele Hilfsorganisationen im Land, zum Beispiel "Ärzte ohne Grenzen". Was können sie ausrichten?

Wegen der Gewalt und der Angriffe von Seiten der Séléka-Kämpfer haben die Organisationen große Schwierigkeiten, die Bevölkerung zu erreichen. Es wurden auch schon Mitarbeiter von Hilfsorganisationen angegriffen. Deshalb trauen sich viele nicht mehr, sich in den Provinzen zu bewegen. Die lokale Bevölkerung ist auf die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten angewiesen. Aber auch die staatlichen Strukturen sind fast vollständig zerstört, deshalb ist die aktuelle Situation sehr ernst.

Die Séléka-Bewegung ist jetzt an der Macht - die Gewalt aber nimmt kein Ende. Hat die neue Regierung ihre eigenen Rebellen nicht im Griff?

Die Bevölkerung und die zivilgesellschaftlichen Organisationen haben gehofft, dass die Regierung ihnen Schutz bietet. Das tut sie aber nicht. Wir wissen nicht, ob sie dem Volk nicht helfen will, oder ob sie es schlichtweg nicht kann.

Ein Junge mit einem gebrochenen Bein, Opfer der Séléka-Rebellen. Foto: Amnesty International/Godfrey Byaruhanga
Viele Frauen und Kinder sind Opfer der GewalttatenBild: Amnesty International/Godfrey Byaruhanga

Soll das heißen, dass die Regierung die Gewalt sogar heimlich unterstützt?

Für uns ist es schwer zu verstehen, warum die Regierung nichts unternimmt. Einige Regierungsvertreter haben uns gesagt, dass sie nicht in der Lage sind, die Situation zu kontrollieren. Ich glaube, das ist tatsächlich so. Die Kämpfer befolgen nur das, was ihre Anführer ihnen sagen - sie hören nicht auf die Regierung. Viele von ihnen sind aus dem Tschad und aus dem Sudan in die Zentralafrikanische Republik gekommen.

Wie bewerten Sie die Rolle der internationalen Gemeinschaft?

Die Bevölkerung und viele Regierungsvertreter wünschen sich sehr, dass die internationale Gemeinschaft interveniert und ihnen hilft. Die Afrikanische Union hat im Juli 2013 angekündigt, die Regierung bei der Friedenssicherung zu unterstützen. Bislang sehen wir davon aber sehr wenig. Und auch die Vereinten Nationen unternehmen zu wenig. Die Situation ist sehr beunruhigend, weil nicht nur die Regierung der Zentralafrikanischen Republik ihr Volk nicht beschützen kann, sondern auch die Interventionen der internationalen Gemeinschaft kaum spürbar sind. Wir appellieren an sie, einzugreifen und den Schutz der Bevölkerung sicher zu stellen.

Godfrey Byaruhanga arbeitet für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und ist Autor eines aktuellen Berichts zur Menschenrechtslage in der Zentralafrikanischen Republik.

Das Interview führte Gaetan Kpadjeba.