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BVB-Frauen: langer Anlauf, schneller Aufstieg

Michael da Silva
7. Juni 2023

Borussia Dortmunds Frauenmannschaft ist nach dem zweiten Aufstieg in Folge in der fünftklassigen Landesliga angekommen. Fernziel der BVB-Frauen ist die Bundesliga - doch der Klub hat im Frauenfußball viel Zeit verloren.

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Spielerinnen der BVB-Frauen klatschen miteinander ab
Dortmunds Frauen-Team feiert erneut den Aufstieg - das große Ziel ist die BundesligaBild: Zeising/Beautiful Sports/IMAGO

Zwanzig Kilometer nördlich des Dortmunder Westfalenstadions liegt der kleine Ort Bork - in vielerlei Hinsicht ein typisches deutsches Dorf mit einer Bäckerei, einer Kirche, einer Feuerwache. Am Dorfrand liegt der Sportplatz des PSV Bork, ein Rasenplatz mit schmaler Aschenbahn, umringt von Bäumen.

Bork war am vergangenen Wochenende die letzte Station für die Frauenmannschaft von Borussia Dortmund in der Bezirksliga, der sechsthöchsten im deutschen Frauenfußball. Die Dortmunderinnen gewannen alle 24 Saisonspiele, schossen dabei 143 Tore und kassierten nur fünf Gegentreffer. Mit 19 Punkten Vorsprung auf die nächsten Verfolgerinnen stiegen sie souverän in die Landesliga auf - es war der zweite Aufstieg in Folge und der nächste Schritt für das erst 2021 gegründete Team.

Mission: Frauen-Bundesliga

"Unser großes Ziel ist es, in ein paar Jahren in der Bundesliga zu spielen", sagte Svenja Schlenker der DW. Die Dortmunder Frauenfußball-Chefin ist BVB-Fan, seit sie denken kann, und arbeitet seit 16 Jahren im Verein. "Ich möchte jedes Jahr aufsteigen, und das wird vom Vorstand auch erwartet. Ich versuche, diesen Druck nicht auf die Trainer und die Mitarbeiter zu übertragen. Aber sie wissen, dass die ersten drei oder vier Jahre recht einfach funktionieren sollten. Danach wird es schwieriger."

Schlenker begann im Jahr 2007 als Praktikantin in der BVB-Marketingabteilung und arbeitete sich bis in ihre jetzige Position hoch. Seit Oktober 2020 ist sie für die BVB-Frauen verantwortlich. Ihr ambitionierter Auftrag lautete, eine Profifußballmannschaft aufzubauen. Schlenker hatte weniger als ein Jahr Zeit, um das Debüt des Teams  2021 vorzubereiten - und das alles, während die Corona-Pandemie die Welt in Atem hielt.

Svenja Schlenker und Thomas Sulewski
Beim BVB für den Fußball der Frauen verantwortlich: Svenja Schlenker und Thomas SulewskiBild: Borussia Dortmund

"Sie sagten zu mir: 'Frag uns, was immer du willst, wir werden dir bei jedem Problem helfen', aber im Grunde überließen sie es mir", erinnert sich Schlenker. "Ich bekomme aber jede Unterstützung, die ich brauche, und sie stehen wirklich hinter mir und dem Team." Mit Thomas Sulewski fand Schlenker einen Trainer, der den SV Berghofen im Jahr 2020 zum überraschenden Aufstieg in die zweite Bundesliga geführt hatte. Der 32-Jährige ergriff die Chance, in Dortmund in einem ganz anderen Umfeld zu arbeiten als bisher.

Während der SV Berghofen auf einem kleinen Kunstrasenlatz im Wald spielt, tragen die BVB-Frauen ihre Heimspiele im altehrwürdigen Stadion Rote Erde aus, im Schatten des Westfalenstadions. Hier feierten die Männer des BVB in den 1950er und 60er Jahren ihre Meistertitel und spielten im Europapokal.

"Keine Schalke-Fans hier"

Obwohl die Dortmunderinnen über weitaus größere Ressourcen verfügen als ihre derzeitigen Konkurrentinnen, können sie sich noch nicht auf ein Scouting-Netzwerk stützen. Deshalb setzten Schlenker und Sulewski zunächst Probetrainings an, um die besten Spielerinnen für die erste Mannschaft und ab 2022 auch für die Reserve auszuwählen. Derzeit stehen 50 Spielerinnen auf der Liste. Anfangs mussten alle Kandidatinnen zwei Kriterien erfüllen: Sie mussten in einem Umkreis von 35 Kilometern um Dortmund wohnen - und sie mussten BVB-Fans sein.

"Wir dachten uns, wenn wir schon in der untersten Liga anfangen, warum sollten wir dann Spieler aus Köln oder so haben? Also haben wir die Regel aufgestellt, dass wir nur einheimische Mädchen nehmen", sagte Schlenker. "Jetzt haben wir diese Regeln gelockert, aber ich kann definitiv sagen, dass es keine Schalke-Fans in der Mannschaft gibt."

Spielerinnen von Borussia Dortmund bei Besprechungen vor dem Spiel
BVB-Fans im Dortmunder Trikot - die BVB-Frauen sind auch Anhängerinnen ihres VereinsBild: Michael Da Silva/DW

Eine der Spielerinnen, die schwarz-gelbes Blut haben, ist Mia Bedarf. Die offensive Mittelfeldspielerin kam 2022 aus Iserlohn zum BVB. "Ich bin in Dortmund geboren und aufgewachsen, es ist der Verein, den ich mein ganzes Leben lang unterstützt habe", sagte Bedarf der DW. "Ich war in der letzten Saison bei jedem Heimspiel im Stadion. Ein Teil davon zu sein, auch wenn es nur ein kleiner Teil der Geschichte dieses Vereins ist, ist fantastisch. Und ich fühle mich geehrt."

"Fußball ist für alle da"

Es bleibt die Frage, warum Dortmund so lange gebraucht hat, um ein Frauenteam zu gründen. Als die Dortmunder 2019 den Startschuss gaben, waren sie bereits der größte europäische Verein ohne ein solches Team. Irgendwann wurde das Thema politisch: Beim DFB-Pokalspiel der Männer gegen Paderborn im November 2019 entrollten Fans auf der Südtribüne ein Transparent mit der Aufschrift: "Fußball ist für alle da - Frauenmannschaft jetzt". Wenig später wurde der BVB-Vorstand bei der Jahreshauptversammlung erneut von Fans darauf hingewiesen, dass eine Frauenmannschaft fehle. 

Die Dortmunder Vereinsführung war unter Zugzwang und reagierte. Sie bildete eine interne Arbeitsgruppe, die das Projekt und alle damit verbundenen Überlegungen diskutieren sollte. Schlenker war Teil dieser Gruppe und wurde ein Jahr später zur Leiterin der neuen Abteilung gewählt.

Authentisch und ehrlich

Mit RB Leipzig, das gerade den Aufstieg in die Frauen-Bundesliga geschafft hat und kurz davorstand, als erster Zweitligist das DFB-Pokalfinale zu erreichen, nähert sich ein weiterer Spitzenverein der Männer-Bundesliga allmählich auch der Spitze des Frauenfußballs.

"Es wird der Tag kommen, an dem alle Spitzenmannschaften in Deutschland in der Frauen-Bundesliga spielen, dann wird es attraktiver", prophezeit Schlenker. "Die großen Vereine haben bessere Einrichtungen, Strukturen, medizinische Abteilungen. Diese Professionalität wird die besten Spielerinnen anziehen und die Frauen-Bundesliga in den kommenden Jahren noch populärer machen."

Für Trainer Sulewski ist es nicht wichtig, wie schnell seine Mannschaft an die Spitze kommt, sondern dass sie es auf die richtige Weise schafft. Der Trainer glaubt daran, dass die Dortmunder später die Früchte ihrer geduldigen Herangehensweise ernten werden.

"Deshalb haben wir gesagt, wir fangen ganz unten an und gehen Schritt für Schritt innerhalb eines Rahmens vor, der es uns hoffentlich ermöglicht, in zehn Jahren in einer sehr guten Position zu sein", sagte Sulewski der DW. "Hätten wir in der Regionalliga angefangen, wären wir jetzt nur zwei Aufstiege von der Spitze entfernt aber wüssten vielleicht nicht, wie alles funktioniert."

2027 als "goldenes Jahr"

Wenn alles glatt läuft, ist 2027 das Jahr, in dem Dortmund mit dem FC Bayern, dem VfL Wolfsburg und RB Leipzig konkurrieren kann - aber zunächst liegt die Konzentration auf den Jahren davor.

"Wir müssen in allen Bereichen professioneller werden. Wir werden zum Beispiel ein Scouting-Netzwerk aufbauen, um unsere öffentlichen Probetrainings zu ersetzen", sagt Schlenker. "Die Herausforderungen werden wachsen, aber auch das Team um mich herum."

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.