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Kampf für Jamaikas Frauenfußball

Janek Speight
22. Juli 2023

Khadija "Bunny" Shaw von Manchester City ist ein Vorbild für Mädchen in ihrer Heimat Jamaika, die von einer Profi-Karriere träumen. Sie fordert bessere Strukturen an der Basis und kritisiert den nationalen Verband.

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Spielszene Khadija Shaw für Jamaika
Khadija "Bunny" Shaw, Star des jamaikanischen Teams, fordert Verbesserungen der Strukturen in ihrer HeimatBild: Azael Rodriguez/Getty Images

"Wenn ich jetzt in Jamaika wäre, würde ich meine Zeit nicht damit verschwenden, Fußball zu spielen. Da ist nichts los." Das ist eine scharfe Aussage von Khadija "Bunny" Shaw. In Anbetracht der Entwicklung des weltweiten Frauenfußballs in den vergangenen zehn Jahren und der erstaunlichen Entwicklung des jamaikanischen Frauen-Teams, das sich für zwei Weltmeisterschaften in Folge qualifizieren konnte, sollte es aber eigentlich Grund zum Optimismus geben. Am Sonntag treffen die Jamaikanerinnen zu ihrem WM-Auftakt auf Frankreich. 

Die jamaikanische Torjägerin malt kein rosiges Bild von der Zukunft des Frauenfußballs in ihrem Land. "Ehrlich gesagt ist es unglaublich, wie weit wir gekommen sind. Und gleichzeitig ist es traurig zu sehen, dass der Verband nichts aus unserer Leistung macht", sagte Shaw der DW. "Es gibt nicht viele Möglichkeiten für Frauen in Jamaika. Und das muss ich lautstark zum Ausdruck bringen, denn die Leute müssen wissen, was passiert und was getan werden muss."

Shaw sagt, dass die Nationalmannschaft oft nicht genügend finanzielle Mittel für Trainingslager hat. Hinzu komme, dass es an der Basis im jamaikanischen Fußballs an Organisation fehlt und die nationale Frauenliga noch nicht einmal semiprofessionell ist. Auch an Talenten mangelt es aus Sicht der 25-Jährigen. "Als ich aufgewachsen bin, haben viel mehr junge Mädchen Fußball gespielt als heute", sagt Shaw. "Es gibt so viel, was getan werden muss: Ressourcen, Finanzierung, Öffentlichkeitsarbeit, Anerkennung", beklagt sie. "Wir haben uns für die Weltmeisterschaft qualifiziert, und in Jamaika gibt es nichts, mit dem man uns gratulieren würde. Um zu sagen: Danke, was für eine tolle Leistung! Es gibt keine Werbetafeln. Keine einzige. Da ist einfach nichts."

Von Spanish Town aufs US-College

Die junge Frau nimmt ihre Rolle als Vorbild für die nächste Generation ernst. "Es ist ein tolles Gefühl, wenn sie mich als Beispiel nehmen", sagt Shaw, die in der jamaikanischen Großstadt Spanish Town aufwuchs und dort mit Jungen auf der Straße Fußball spielte. "Ich hatte nur ein Paar Shorts und ein Paar Schuhe. Ich habe meine Schulschuhe benutzt, um Fußball zu spielen. Und jetzt bin ich hier."

Die 25-Jährige spielt seit 2021 für Manchester City und hat sich zu einer der besten Stürmerinnen in der Women's Super League entwickelt. Auf dem Weg zur Spitze musste Shaw mehrere persönliche Schicksalsschläge verarbeiten. Sie verlor drei ihrer Brüder durch Bandengewalt und einen weiteren bei einem Autounfall. Aber von diesen massiven Tiefschlägen hat sie sich nicht aufhalten lassen - und gegen alle Widerstände ihr Ziel verfolgt.

Khadija Shaw jubelt nach einem Tor für Manchester City mit ihren Teamkolleginnen
Bunny Shaw hat sich in Manchester zu einer der treffsichersten Angreiferinnen in der Women's Super League entwickeltBild: Natalie Mincher/Sports Press Photo/IMAGO

"Meine Mutter sagte immer: 'Du verschwendest deine Zeit, der Frauenfußball wird sich nicht weiterentwickeln'. Und im Nachhinein betrachtet, war es wirklich sinnlos", sagt Shaw. "Bei uns gab es keine Frauen-Mannschaft. Die Herausforderung bestand darin, meine Mutter davon zu überzeugen, dass ich tatsächlich diejenige sein könnte, die in Jamaika etwas verändern würde."

Als Spielerin der jamaikanischen Jugend-Nationalmannschaft wurde Shaw von ausländischen Scouts entdeckt und bezeichnet sich heute als "eine der Glücklichen". Sie erhielt ein Stipendium am Eastern Florida State College, bevor die Universität von Tennessee auf sie aufmerksam wurde. "Wenn mich nicht jemand aus Übersee gesehen und empfohlen hätte, wäre ich wahrscheinlich immer noch in Jamaika", sagt Shaw.

Hilfe von außen

Als Shaw ein Mädchen war, gab es in Jamaika so gut wie keinen Frauenfußball, die Nationalmannschaft wurde 2010 sogar aufgelöst. Vier Jahre später war es dann Cedella Marley, die Tochter der Musiklegende Bob Marley, die dem Frauenfußball wieder auf die Füße half. Ohne Unterstützung oder Finanzierung durch den Jamaikanischen Fußballverband (JFF) warb Marley Sponsoren an, initiierte Spendenaktionen und richtete ein Crowdfunding für die Spielerinnen ein.

"Ich werde Cedella Marley immer zu Dank verpflichtet sein. Sie kam und hat alles verändert. Die Art und Weise, wie die Leute den Frauenfußball sehen. Die Art und Weise, wie wir es verdienen, behandelt zu werden", sagt Shaw. Manchmal brauche man nur eine Chance. "Und sie hat uns diese Chance gegeben. Niemand hätte gedacht, dass wir acht Jahre später vor unserer zweiten WM-Teilnahme in Folge stehen würden", so Shaw.

Weltmeisterschaft als Chance

Die erste Qualifikation Jamaikas für eine Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich war alles anderes als einfach. "Wir hatten keine Trainingslager, es gab keine Vorbereitung, nichts", sagt Shaw. "Wir sind einfach aufgetaucht und haben uns qualifiziert. Um ehrlich zu sein, haben wir uns einfach gefreut, dabei zu sein."

Bunny Shaw bei der WM 2019 in Frankreich
Zum ersten Mal auf großer Bühne: Bunny Shaw während der WM 2019 in FrankreichBild: Heiko Becker/HMB Media/picture alliance

Durch das Turnier in Frankreich änderte sich Shaws Laufbahn: Sie wechselte zu Girondins Bordeaux und erzielte dort in zwei Spielzeiten 32 Tore in 35 Spielen. 2021 folgte dann der Wechsel nach Manchester, wo sie sich noch einmal steigern konnte. Ihre Debütsaison mit neun Toren hat sie in dieser Saison mit zehn Toren in elf WSL-Spielen bereits übertrumpft.

Bei der WM im Sommer in Australien und Neuseeland möchte Shaw dann mit Jamaika erfolgreich sein. Das Team von Trainer Lorne Donaldson spielt einen Ballbesitz-orientierten Fußball mit offensiver Ausrichtung. Mit Schnelligkeit, Weitblick, Spielwitz und ihren präzisen Abschlüssen ist Shaw die perfekte Stürmerin für diese Spielweise. Und sie sieht ihr Team in der Lage, in der Gruppe mit Brasilien und Frankreich für Furore zu sorgen. "Wir glauben, dass unser Bestes am Ende des Tages gut genug ist. Wir haben Ziele, wir wollen über die Gruppenphase hinauskommen", sagt sie, räumt aber auch ein, mit Jamaika nur Außenseiter zu sein.

Fehlende Strukturen, keine Talentförderung

Shaw ist eine der wenigen jamaikanischen Nationalspielerinnen, die tatsächlich auf der Insel geboren wurden. Die meisten ihrer Teamkolleginnen sind entweder in Nordamerika oder in Großbritannien geboren, was die Notwendigkeit noch unterstreicht, den Fußballsport in Jamaika zu fördern. Bei einem kürzlich durchgeführten Trainingslager, in dem die besten jungen Talente des Landes vorspielen durften, waren fast ausschließlich im Ausland geborene Spielerinnen anwesend.

Khadija Shaw im Trikot von Manchester City hebt fragend die Hände und schaut unzufrieden
"So vieles muss sich ändern", klagt Shaw und fordert den Verband auf, zu handelnBild: Gareth Copley/Getty Images

"Wenn ich ein Kind in Jamaika hätte, würde ich nicht wollen, dass es in den Frauenfußball einsteigt, weil dort nichts passiert", sagt Shaw. "Es gibt dort niemanden, der sich um die Mädchen kümmert, egal ob sie talentiert sind oder nicht." Shaw fordert Veränderungen und die müssten beim Verband anfangen, "denn alles läuft über ihn".

Die nationale Liga ist gerade erst nach einer dreijährigen Unterbrechung zurückgekehrt und kämpft noch immer darum, professionellere Strukturen aufzubauen, während der Verband Schwierigkeiten hat, sowohl die Frauen- als auch die Männernationalmannschaft zu unterstützen. Erst kürzlich musste sich die JFF öffentlich entschuldigen, weil Shaw und ihre Mannschaftskameradinnen - unmittelbar nachdem sich Jamaika für die WM 2023 qualifiziert hatte - einen Flug wegen angeblicher Finanzierungsprobleme nicht nehmen konnten.

Die Qualifikation Jamaikas für Australien und Neuseeland hat jedoch auch zu einem Sponsorenvertrag mit einem großen deutschen Sportartikelhersteller geführt, was zeigt, wie wichtig die Frauenmannschaft für die Zukunft des Landes im Fußball ist. "Ich versuche immer, Chancen zu nutzen und alle zu ermutigen, weil ich denke, dass irgendwann etwas passieren muss", sagt Shaw. "Wenn ich diejenige sein muss, die aufsteht und sagt, was geschehen muss, dann soll es so sein."

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.

Der Artikel wurde am 20.02.2023 veröffentlicht und zuletzt am 22.07.2023 aktualisiert.