Bundeswehr in Litauen: Pistorius verabschiedet Vorkommando
8. April 2024Die Bundeswehr hat begonnen, erste Soldaten für die Brigade Litauen dauerhaft an der Ostflanke der NATO zu stationieren. Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach bei der Verabschiedung des 21 Männer und Frauen zählenden Vorkommandos von einem bedeutenden Schritt für die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses und einem wichtigen Tag für die Bundeswehr. Die dauerhafte Stationierung eines Kampfverbandes in Litauen ist ein Präzedenzfall in der Geschichte der Bundeswehr. Nie zuvor hatte sie so viele Soldatinnen und Soldaten auf Dauer im Ausland stationiert.
Das Vorkommando wurde in Vilnius vom litauischen Verteidigungsminister Laurynas Kasciunas begrüßt. Kasciunas sagte, die Stationierung sei "sehr wichtig" für Litauen. "Das ist Beweis der deutschen Zuverlässigkeit", sagte er. Der Minister versicherte, die Regierung wolle alles unternehmen, um die nötige Infrastruktur in den Zeitvorgaben zu errichten. 85 Prozent der litauischen Gesellschaft unterstützten das Vorhaben. Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte koordiniere eine interinstitutionelle Gruppe zur Umsetzung des Projekts. Niemand dürfe auf den Gedanken kommen, er könne die Beistandsverpflichtungen in der NATO testen.
Bis 2027 einsatzfähig
Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa und aggressives Auftreten Russlands hatte die Bundesregierung zugesagt, einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Kampfverband nach Litauen zu verlegen. Die Brigade soll laut Fahrplan bis 2027 einsatzfähig sein. Vorgesehen ist eine dauerhafte Präsenz von etwa 4800 Soldaten sowie rund 200 zivilen Bundeswehrangehörigen, die ihre Familien mitbringen können. Dies habe Vorbildfunktion für die Region, sagte Kasciunas.
Das Vorkommando besteht aus Spezialisten aus verschiedenen Bereichen wie etwa Logistik, Informationstechnologie oder Infrastruktur. Es soll zum vierten Quartal 2024 auf einen sogenannten Aufstellungsstab von rund 150 Männern und Frauen anwachsen. Die Brigade des Heeres wird in Litauen mit dem Namen Panzerbrigade 45 neu aufgestellt. Wenn sie 2025 offiziell in Dienst gestellt sein wird, sollen die weiteren Kräfte mit der Verlegung beginnen, sofern die benötigte Infrastruktur in Litauen vorhanden ist.
Högl pocht auf hinreichende Ausstattung
In Deutschland forderte die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, unterdessen, die Ausstattung der Bundeswehr insgesamt nicht zu vernachlässigen. "Natürlich reißt das erst mal ganz gewaltige Löcher, denn die Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten, aber auch das große Gerät ist noch nicht vorhanden", sagte die SPD-Politikerin. Die Brigade müsse mit allem ausgestattet werden, was sie benötige, damit sie attraktiv sei.
Pistorius hatte im Dezember in Vilnius ein Grundsatzdokument für die Stationierung unterzeichnet. Haupteinsatzort der Brigade wird der Truppenübungsplatz Rudninkai unweit der Grenze zu Belarus sein. Dort sollen nach litauischen Angaben rund 80 Prozent der Soldaten ihren Dienstort haben. Die übrigen sollen in Rukla im Zentrum von Litauen stationiert werden, das erst kürzlich den 20. Jahrestag seines NATO-Beitritts gefeiert hat.
Litauen grenzt an das mit Russland verbündete Belarus sowie an die russische Ostsee-Enklave Kaliningrad. Zwischen beiden Ländern verläuft von Litauen ein schmaler Landkorridor westlich nach Polen - die sogenannte Suwalki-Lücke der NATO, um die es im Falle eines Angriffs zu Kämpfen kommen könnte.
800 Millionen Euro Kosten
Deutschlands Truppenstationierung ist für die Litauer eine gewünschte Rückversicherung der NATO-Beistandsverpflichtung. Die Schaffung der Voraussetzungen für die Bundeswehr-Brigade wird Litauen in den nächsten Jahren rund 800 Millionen Euro kosten. Diese Summe nannte Kasciunas am Montag im Rundfunk.
In Russland stieß die neue militärische Präsenz Deutschlands in Litauen auf Kritik. Diese eskaliere die gegenwärtigen Spannungen, sagte der Sprecher des Präsidialamts in Moskau, Dmitri Peskow.
kle/haz (dpa, afp, rtr)