Bundeswehr bleibt in Mali und Niger
20. Mai 2022Die Bundeswehr kann ein weiteres Jahr in den von gewalttätigem Extremismus betroffenen Sahel-Staaten Mali und Niger stationiert bleiben. Den Anträgen der Bundesregierung stimmten in Berlin die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP sowie die oppositionelle CDU/CSU-Fraktion zu. Die deutsche Beteiligung an dem UN-Stabilisierungseinsatz MINUSMA in Mali wird demnach ausgebaut mit einer Obergrenze von jetzt 1400 Soldatinnen und Soldaten statt bisher 1100. Der Einsatz dient dem Schutz der Zivilbevölkerung in Mali und gilt als der gefährlichste Auslandseinsatz der Bundeswehr.
Das neue Mandat beinhaltet auch eine Ausstiegsklausel. Sie soll greifen, falls nach dem angekündigten Abzug der französischen Streitkräfte militärische Lücken entstehen, die die Sicherheit und die Versorgung der deutschen Soldaten gefährden. Sollte deren Schutz nicht mehr gewährleistet werden können, sieht das Mandat Schritte "bis hin zur Beendigung des Einsatzes" vor. Die zusätzlichen Bundeswehrkräfte sollen die abziehenden Franzosen unter anderem im Sanitätsdienst, beim Brandschutz am Flughafen Gao und bei der Flughafenmeisterei ersetzen.
Die Beteiligung der Bundeswehr an dem europäischen Ausbildungseinsatz EUTM soll künftig vor allem auf Niger konzentriert und die Ausbildung malischer Soldaten beendet werden. Dazu wird die Obergrenze für das Mandat auf nur noch 300 von bislang 600 Soldatinnen und Soldaten reduziert. Ausgebildet werden sollen im Rahmen des Mandats auch Sicherheitskräfte in Burkina Faso und in Mauretanien. Eine Beteiligung an Kampfeinsätzen bleibt ausgeschlossen.
Damit zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus politischen Differenzen mit Mali. Dort hatte die Armee in einem Putsch die Macht an sich gerissen. Zudem arbeitet sie mit russischen Kräften der Söldnertruppe Wagner zusammen und gilt deswegen nicht mehr als verlässlicher Partner. Außerdem weigert sich die Militärregierung in Bamako, baldmöglichst Wahlen anzusetzen.
In ihrem Mandatsantrag an das Parlament räumt die Bundesregierung ein, dass sich die Lage in der Region trotz des internationalen Engagements nicht deutlich verbessert hat. "Die Sicherheitslage in der Sahelregion verschlechtert sich trotz einiger Leistungssteigerungen der Sicherheitskräfte und des Engagements der internationalen Gemeinschaft", heißt es in der Vorlage.
"Die Grundbedürfnisse der Bevölkerung können durch die Staaten kaum gedeckt werden", schreibt die Bundesregierung weiter. "Schwache Staatlichkeit, dysfunktionale oder leistungsschwache staatliche Strukturen, schlechte Regierungsführung sowie fehlende wirtschaftliche und soziale Entwicklungsperspektiven bereiten den Nährboden für Terrorismus und organisierte Kriminalität."
UN: Hunger bedroht Millionen Menschen im Sahel
Bis zu 18 Millionen Menschen in der Sahelzone droht in den nächsten drei Monaten eine schwere Nahrungsmittelkrise. Wie das Nothilfe-Koordinationsbüro der Vereinten Nationen (OCHA) in New York mitteilte, wird mit 7,7 Millionen hungernden Kleinkindern gerechnet.
OCHA-Chef Martin Griffiths sagte, eine Kombination aus Gewalt, Unsicherheit, tiefer Armut und Rekordpreisen für Lebensmittel brächten Millionen an den Rand des Überlebens. Der jüngste Preisanstieg infolge des Ukrainekriegs drohe die Ernährungskrise zu einer humanitären Katastrophe auszuweiten. "Wenn wir nicht jetzt handeln, gehen Menschen zugrunde", mahnte Griffiths.
uh/rb (dpa, rtr, afp, kna)