Bundestag hebt Immunität von Gauland auf
30. Januar 2020Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags in Berlin billigten einen Antrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main "auf Genehmigung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse". Die Staatsanwaltschaft hatte im vergangenen Jahr Ermittlungen gegen den Fraktionsvorsitzenden der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) wegen eines "privaten Steuerfehlers" aufgenommen und die Aufhebung der Immunität beantragt. Die Beschlussempfehlung des Immunitätsausschusses war am Donnerstagvormittag kurzfristig auf die Tagesordnung des Bundestages gehoben worden und wurde sofort ohne Debatte abgestimmt.
Die Privatwohnung des 78-Jährigen in Potsdam wurde kurz nach dem Bundestagsentscheid durchsucht. Gauland war zuhause, als die Beamten zur Durchsuchung anrückten. Bei der Abstimmung im Bundestag war er nicht zugegen.
Die Durchsuchung einer Wohnung in Frankfurt am Main, wo Gauland auch gemeldet ist, soll folgen. Die Durchsuchungen beträfen allein die Meldeanschriften des Verdächtigen, nicht aber Bundestagsbüros, schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
AfD spricht von Unverhältnismäßigkeit
Die AfD-Fraktion hat sich bei der Abstimmung im Bundestag enthalten. Fraktionssprecher Christian Lüth erklärte, man erachte das Ermittlungsverfahren und die Ermittlungsmaßnahmen als "ungerechtfertigt und unverhältnismäßig".
Das Online-Wirtschaftsmagazin "Business Insider" berichtete, es gehe im Fall Gauland um Steuerhinterziehung durch falsche Angaben beim Ehegattensplitting. Das zeigten Unterlagen, die dem Immunitätsausschuss vorgelegt worden seien. Gauland habe demnach bei seiner Einkommenssteuererklärung Ehegattensplitting geltend gemacht, obwohl er seit Jahren dauerhaft von seiner Frau getrennt lebt.
Der SPD-Politiker Ralf Stegner sieht durch den Fall die Eigendarstellung der AfD als "Rechtsstaatspartei" widerlegt. Die Ermittlungen gegen Gauland seien "Teil einer langen Serie von persönlichen Verfehlungen, fragwürdiger Wahlkampfspenden und Parteienfinanzierung bei AfD-Führungskadern", sagte er dem "Handelsblatt". Hinzu kämen "Hetze und Demokratiefeindlichkeit in rechtsextremistischen Äußerungen und Aktionen dieser Leute" sowie "Sympathie für Gewalttäter und rechten Terror".
Abgeordnete dürfen wegen einer mutmaßlichen Straftat nur mit Zustimmung des Parlaments juristisch verfolgt werden. Sie genießen laut Grundgesetz Immunität. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann diese vom Parlament aufgehoben werden.
qu/pgr/kle (dpa, afp)