De Maizière: Afghanen sollen zu Hause bleiben
28. Oktober 2015Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière gibt es zwei Ansätze für seine Einschätzung. Der CDU-Politiker begründet seinen Vorstoß zum einen damit, dass deutsche Soldaten und Polizisten dazu beitrügen, Afghanistan sicherer zu machen. Zudem sei viel Entwicklungshilfe in das Land am Hindukusch geflossen. De Maizière räumte ein: "Die Sicherheit in Afghanistan ist natürlich nicht so hoch wie anderswo." Er werde auch nicht vorschlagen, das Land als "sicheren Herkunftsstaat" einzustufen. Auch künftig werde jeder Einzelfall sorgfältig geprüft. Bislang bekämen aber viele Afghanen eine Duldung in Deutschland, weil sie aus einer bestimmten Gegend des Landes kämen, die unsicherer sei als andere. Das könne auf Dauer kein Entscheidungsgrund sein. Schließlich gebe es auch sichere Landesteile. "Die Menschen, die als Flüchtlinge aus Afghanistan zu uns kommen, können nicht alle erwarten, dass sie in Deutschland bleiben können - auch nicht als Geduldete."
Afghanischer Minister: "Nicht abschieben"
De Maizière wies darauf hin, dass auch zunehmend Afghanen aus der Mittelschicht sowie aus der vergleichsweise sicheren Hauptstadt Kabul nach Deutschland flüchteten. Mit der Regierung in Kabul sei man sich darüber einig, dass die meisten dieser Menschen nicht bleiben könnten: "Das wollen wir nicht." Die Jugend und die Mittelschicht sollten in Afghanistan bleiben, um das Land aufzubauen, erklärte de Maizière weiter.
Ganz anders äußerte sich der afghanische Minister für Flüchtlingsangelegenheiten, Sayed Hussain Alimi Balkhi, in einem Interview der Deutschen Welle. Er habe die deutschen Behörden dringend darum gebeten, mehr afghanische Flüchtlinge aufzunehmen und keine Asylbewerber abzuschieben. Das habe er kürzlich bei einem Treffen mit einer deutschen Regierungsdelegation in Genf bekräftigt. Die sich zunehmend verschlechternde Sicherheitslage sei der Hauptgrund für die Flucht aus Afghanistan, sagte Alimi Balkhi der DW.
Gegen Abschiebungen von Asylsuchenden aus Afghanistan sprach sich mit Blick auf die prekäre Sicherheitslage am Hindukusch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD) aus. Auch von der Hilfsorganisation Pro Asyl und der Kinderhilfe Afghanistan kommt Widerstand. Beide Organisationen erklärten einhellig, die Lage sei so instabil wie in den letzten 13 Jahren nicht mehr und das gelte für fast alle Landesteile.
Zwischen Januar und September haben knapp 52.000 Afghanen in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Afghanen sind inzwischen nach den Syrern die größte Gruppe von Asylbewerbern in Deutschland. Laut pro Asyl könnte eine Abschiebung rund 7000 abgelehnte, aber in Deutschland geduldete Asylbewerber aus Afghanistan treffen.
qu/SC (dpa, rtr, afp, epd, DW)