Bundesliga: Fünf Fragen zum Start
18. September 20201. Das Titelrennen: Ist RB Leipzig bereit?
Es lässt sich nicht leugnen: Der FC Bayern München ist erneut klarer Favorit auf den Bundesliga-Titel - es wäre bereits der neunte in Folge. Durch die Verpflichtung von Leroy Sané sind die Münchner noch stärker geworden. Wie immer gilt Borussia Dortmund als erster Bayern-Jäger, aber was ist mit RB Leipzig? Der von Red Bull unterstützte Klub hat gerade erst eine Saison beendet, in der man zwei große Erfolge feiern konnte: RB war Herbstmeister und erreichte erstmals das Halbfinale der Champions League.
In der Bundesliga war die Mannschaft von Julian Nagelsmann zuletzt allerdings vor allem als "Unentschieden-Könige" bekannt. Von den 17 Partien der Rückrunde verloren die Leipziger zwar nur zwei, aber sie spielten achtmal unentschieden. Soll diesmal am Ende mehr herausspringen als Rang drei mit 16 Zählern Rückstand auf die Bayern, muss man wohl hier ansetzen.
Hinzu kommt, dass RB seinen Torjäger Timo Werner verloren hat, der in der vergangenen Saison 28 Treffer erzielte. Reicht die Neuverpflichtung des Koreaners Hwang Hee-chan, der neben Sturm-Urgestein Yussuf Poulsen auflaufen soll, aus, um die fehlenden Werner-Tore zu ersetzen? RB ist offenbar anderer Meinung, schließlich soll mit dem Norweger Alexander Sörloth soll ein Stürmer der europäischen Spitzenklasse kommen.
2. Tore, Tore, Tore: Kann Haaland Lewandowski übertreffen?
Es besteht kaum ein Zweifel, dass die Bayern den besten Mittelstürmer haben. Robert Lewandowski hat in der vergangenen Saison mit 55 Toren in 47 Spielen (in allen Wettbewerben) sogar seine eigenen hohen Maßstäbe noch übertroffen. Er krönte die Saison mit seinem ersten Champions-League-Triumph, und wäre der Ballon d'Or vergeben worden, der Pole wäre der herausragende Kandidat gewesen.
Doch in seinem Schatten bewegt sich Dortmunds hungriger Stürmer Erling Haaland. Der norwegische Teenager legte in Schwarz-Gelb einen fliegenden Start hin und erzielte 16 Treffer in nur 18 Spielen - eine Quote, mit der er absolut ein heißer Kandidat für die Torjägerkanone ist.
Weitere Aspiranten auf die Auszeichnung als Top-Torjäger findet man bei Borussia Mönchengladbach, wo Cheftrainer Marco Rose hoffen wird, dass Marcus Thuram, Alassane Plea und Breel Embolo weiterhin aus allen Rohren schießen (und treffen).
3. Gefallene Riesen: Kommen Schalke und Bremen zurück?
Vor der vergangenen Saison wurden sowohl Werder Bremen als auch Schalke 04 als Europapokal-Anwärter gehandelt. Allerdings kam es am Ende dann doch ganz anders. Schalke - nach der Hinrunde immerhin Fünfter - schaffte 2020 direkt zum Rückrunden-Auftakt den einzigen Sieg, danach folgten 16 sieglose Partien. Der oftmals hilflos wirkende Trainer David Wagner durfte seinen Job trotzdem behalten, doch in der Mannschaft fehlte es an Konstanz und Hierarchie. Aufgrund der angespannten finanziellen Situation ist nun mit Weston McKennie einer der besten und vielversprechendsten Spieler an Juventus Turin verliehen worden. Bisheriger Top-Transfer ist mit Vedad Ibisevic ein 36-jähriger Stürmer. Nicht der ermutigendste Start für die leidgeprüften Schalke-Fans.
Wenn es überhaupt möglich ist, dann war Bremens Saison noch schlechter als die der Schalker. Die teilweise bedauernswerte Truppe von Trainer Florian Kohfeldt verlor insgesamt zwölf Spiele mit zwei oder mehr Toren Unterschied, unter anderem gab es in der entscheidenden Saisonphase eine 0:5-Klatsche gegen den direkten Abstiegskonkurrenten Mainz 05. Am Ende retteten sich die Grün-Weißen erst in der Relegation und auch das nur dank der Auswärtstorregel. Wie Wagner durfte auch Kohfeldt im Amt bleiben, der in der kommenden Spielzeit nun mit einigen aufregenden Talenten zusammenarbeiten darf, darunter Tahith Chong, ein Leihspieler von Manchester United. Es wird jedoch erwartet, dass Angreifer Milot Rashica den Verein verlässt.
Die erste Pflichtspiel-Aufgabe hat Bremen schon erfolgreich gelöst: ein 2:0-Sieg im DFB-Pokal gegen Viertligist Carl-Zeiss Jena. Den konnte Schalke dagegen nicht feiern: Das Pokalspiel gegen Schweinfurt wurde wegen eines Rechtsstreits kurzfristig abgesagt. So ist der erste Pflichtspiel-Gegner am Freitagabend der FC Bayern - mit guten Aussichten auf den Ausbau der Schalker Sieglos-Serie auf 17 Pflichtspiele.
4. Boom-Town Berlin! Ist Hertha wirklich ein Großstadtverein?
So schlimm es für Schalke und Bremen in der vergangenen Saison aus sportlicher Sicht auch war, beide Klubs konnten sich glücklich schätzen, dass ein anderer Verein quasi ein Abo auf Negativschlagzeilen gebucht hatte: Jürgen Klinsmann und sein bizarrer Abgang, Salomon Kalou und sein Corona-Video - Hertha BSC hatte kein angenehmes Jahr.
In der kommenden Saison sollen sich die von Investor Lars Windhorst bereitgestellten Millionen endlich auszahlen und wieder sportliche Themen in den Vordergrund rücken. Mit Alexander Schwolow kam ein überdurchschnittlich guter Bundesliga-Torwart nach Berlin, mit Deyovaisio Zeefuik ein hochtalentierter Abwehrspieler aus den Niederlanden. Der Transfer des Franzosen Lucas Tousart war schon im Winter eingestielt worden. Mit Kölns Jhon Cordoba soll noch ein Angreifer kommen.
Cordoba, Schwolow, Zeefuik und Tousart - gute Spieler, aber noch keine Namen, die einen "Big City Club" schmücken. Als Klinsmann noch Herthas Visionen entwarf, war von Spielern wie Mario Götze und Julian Draxler die Rede. Immerhin bringt Lucas Tousart die Erfahrung von 15 Auftritten in der Europa League und 16 Spielen in der Champions League mit. Das ist schon eher Herthas und Windhorsts Horizont - auch wenn alle hochfliegenden Träume durch das Pokal-Aus in Runde eins gegen Zweitliga-Aufsteiger Braunschweig eine erste harte Bauchlandung erlitten.
5. Volleres Haus: Was ist mit den Fans?
Die Fans, die seit März wegen der Corona-Pandemie nicht ins Stadion durften, können ein wenig aufatmen. Die Zeit der Geisterspiele ist in der Fußball-Bundesliga zumindest vorerst vorbei. Die Vertreter der Bundesländer haben sich kurz vor dem Saisonstart darauf geeinigt, dass in einer sechswöchigen Testphase zunächst eine Auslastung von maximal 20 Prozent der jeweiligen Kapazität erlaubt ist. "Es soll eine Art Experiment werden, ein Probestart", kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU an.
Die Reaktionen aus der Liga waren positiv: "Wir wünschen uns, dass in den nächsten Wochen und Monaten noch mehr möglich ist - wir sind aber gut beraten, jetzt erst mal kleine Schritte zu machen und die pandemische Entwicklung weiter zu beobachten", sagte Alexander Wehrle, der Geschäftsführer des 1. FC Köln. "Wir sind bereit für 6.000 Fans und begrüßen, dass es nun eine vorläufige einheitliche Regelung in allen Stadien gibt", sagte Jörg Schmadtke, Sport-Geschäftsführer des VfL Wolfsburg.