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Politik

Höhere Vorgaben für Fahrverbote beschlossen

15. November 2018

Die Bundesregierung will Diesel-Fahrverbote erschweren und hat dazu das Bundes-Immissionsschutzgesetz geändert. Die Neufassung regelt, welche Fahrzeuge nach einem Fahrverbot weiter in die Innenstädte fahren dürfen.

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Symbolbild Diesel
Bild: Reuters/E. Gaillard

Die vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetzesregelung schreibt fest, dass Fahrverbote in Städten mit einer Stickoxid(NOx)-Belastung von unter 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft als unverhältnismäßig gelten. Der Wert ist ein Viertel höher als die von der EU festgelegte Grenze von 40 Mikrogramm. Die Bundesregierung verweist darauf, dass ein Gerichtsurteil zwar lokale Fahrverbote möglich gemacht habe - aber mit der Auflage, dass diese "verhältnismäßig" sein müssten. Diese Verhältnismäßigkeit definiere der Gesetzgeber jetzt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, dass mit der Neuregelung keineswegs die EU-Werte geändert würden. Vielmehr sei es wahrscheinlich, dass mit den neuen Förderprogrammen und Nachrüstungen die Emissionen schnell unter die 40 Mikrogramm rutschen könnten, sagte Merkel nach einer Klausur des Kabinetts in Potsdam. Aktuell wären durch die Aufweichung des Grenzwerts bundesweit Fahrverbote nur noch in 15 Städten möglich.

Dieselfahrer fühlen sich im Stich gelassen

Ziel ist es, einen bundesweit einheitlichen Umgang mit Fahrverboten zu erreichen. Nach der Neuregelung des Immissionsschutzgesetzes sollen demnach Fahrverbote weder für Autos der neueren Norm Euro-6 noch für solche mit einem Ausstoß unter 270 Milligramm NOx pro Kilometer gelten.

Scharfe Kritik der DUH

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Fahrverbote schon in mehreren Städten durchgesetzt hat, sprach von einem skandalösen und rechtswidrigen Vorhaben. Gerichte werde dies nicht von Fahrverboten abhalten, da die EU-Grenzwerte bindend seien. Zudem werde man ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anstoßen. Die DUH argumentiert, das Recht der Europäischen Union (EU) mit der 40-Mikrogramm-Schwelle sei eindeutig. Eine Änderung "ignoriert geltendes Recht und ist letztlich willkürlich" schrieb die Organisation in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf.

Die Maßnahmen sind Teil eines Pakets der Koalition, um weitere Diesel-Fahrverbote in Städten zu verhindern. Dazu zählt zum Beispiel auch die Umrüstung von Bussen und Kommunalfahrzeugen. Die Hersteller hatten außerdem Software-Updates auf den Weg gebracht, um den Schadstoff-Ausstoß zu senken. Geplant sind außerdem Hardware-Nachrüstungen.

Deutschland Diesel-Fahrverbote in den Ruhrgebietsstädten Gelsenkirchen und Essen
Auch für Teile der Autobahn 40 bei Essen verhängte das Gericht Fahrverbote - sie ist eine der bundesweit verkehrsreichsten StreckenBild: picture-alliance/dpa/I. Fassbender

Fahrverbote in Essen und Gelsenkirchen

Derweil ordnete das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nun auch Fahrverbote in Essen und Gelsenkirchen an. Beide Städte im Ruhrgebiet müssen demnach Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge in ihre Luftreinhaltepläne aufnehmen. Gelten sollen die Einschränkungen ab 1. Juli 2019.

In Essen ist demnach mit der durch das Stadtgebiet verlaufenden A40 erstmals auch eine Autobahn betroffen. In Essen erfasst das Verbot die derzeitige grüne Umweltzone, in der nach Anordnung des Gerichts eine "blaue Umweltzone" errichtet werden soll. In dieser Zone müsse ein Fahrverbot für Dieselautos der Abgasnorm Euro 4 und ab September auch der Klasse Euro 5 eingeführt werden, führte das Gericht aus. In Gelsenkirchen ist im Stadtgebiet die Kurt-Schumacher-Straße betroffen.

Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Die Organisation kämpft für die Einhaltung des bereits seit 2010 EU-weit gültigen Grenzwerts für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid (NO2). Die DUH sprach vom "bisher stärksten Urteil für den Gesundheitsschutz". Sie hat in Sachen Luftreinhaltung bereits mehrere Urteile erwirkt. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Köln in der vergangenen Woche entschieden, dass Köln und Bonn 2019 in zwei Schritten – im April und September - Fahrverbote einführen sollen. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte angekündigt, dagegen Berufung einlegen zu wollen. In Hamburg sind Fahrverbote auf zwei Strecken in Kraft, in mehreren anderen Städten wie Berlin, Frankfurt oder Stuttgart sind sie geplant.

kle/uh (rtr, afp, dpa)