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Bundesbank nennt Rentenpolitik "nicht hilfreich"

Rolf Wenkel6. Juni 2014

Bundesbankpräsident Jens Weidmann ärgert sich über die abschlagfreie Rente mit 63. Zwar fällt die Frühjahrsprognose seines Hauses sehr optimistisch aus, doch Rente und Mindestlohn zählt er zu den Risiken.

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Jens Weidmann, Bundesbankpräsident. Foto: rtr/Alex Domanski/
Bild: Reuters

Die Bundesbank sieht in der Rentenpolitik der Bundesregierung eine Gefahr für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Bei der Vorstellung der neuen Frühjahrsprognose der Frankfurter Notenbanker gab deren Chef Jens Weidmann (s. Bild oben) am Freitag (06.06.2014) zu bedenken, dass in der Zukunft demografisch bedingte Verknappungen am Arbeitsmarkt das Wachstum bremsen würden: "Maßnahmen wie die abschlagsfreie Rente mit 63 sind vor diesem Hintergrund nicht hilfreich."

Ansonsten ist Weidmann jedoch recht optimistisch für die nächsten beiden Jahre. Die deutsche Wirtschaft sei mit viel Schwung in das Jahr 2014 gestartet. Auch wenn das hohe Tempo des ersten Quartals nicht gehalten werden könne, stimmten die Perspektiven für das Wachstum hierzulande zuversichtlich. "Neben der sich weiter verbessernden konjunkturellen Lage der Industrieländer und der graduellen Erholung des Euro-Raums spricht nicht zuletzt die gestärkte deutsche Binnenwirtschaft für einen soliden Wachstumskurs der deutschen Wirtschaft", schrieb Weidmann im Vorwort der neuen Frühjahrsprognose.

Kräftige Zuwanderung

Nach der neuen Schätzung der Bundesbank wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP)um 1,9 Prozent im Jahr 2014 und um 2,0 Prozent im Jahr 2015 zulegen. Erstmals hat die Bundebank ihren Prognosezeitraum auf drei Kalenderjahre erweitert. Auch die Beschäftigung wird nach Einschätzung der Bundesbank-Fachleute weiter zulegen, wofür vor allem die kräftige Zuwanderung spricht.

Untermauert wird die Prognose von den neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts über den deutschen Außenhandel. Die deutschen Unternehmen haben demnach ihre Exporte im April dank der anziehenden Nachfrage aus Europa so kräftig gesteigert wie seit knapp zwei Jahren nicht mehr. Sie erhöhten sich um 3,0 Prozent zum Vormonat, wie die Statistiker am Freitag mitteilten. Das Plus fiel damit doppelt so stark aus wie von Ökonomen erwartet.

Ausgeglichener Haushalt

Auch in Sachen Staatsfinanzen geben sich die Frankfurter Bundesbanker optimistisch. Der deutsche Staatshaushalt könnte bis 2015 in etwa ausgeglichen bleiben, im Jahr 2016 könnte ein merklicher Überschuss erreicht werden, heißt es. Dahinter stehen den Bundesbank-Ökonomen zufolge vor allem die günstige Konjunktur und weiter sinkende Zinslasten. Allerdings heißt es in dem Bericht auch: "Eine bessere Haushaltsentwicklung wird durch finanzpolitische Maßnahmen wie das kürzlich vom Bundestag verabschiedete Rentenpaket behindert."

Die zu erwartenden Verknappungen am Arbeitsmarkt werden sich nach der Prognose in höheren Lohnsteigerungen niederschlagen - die Bundesbanker sehen also für Deutschland keine Deflationsgefahren. Der Anstieg der Verbraucherpreise könnte sich vor diesem Hintergrund von 1,1 Prozent in diesem Jahr auf 1,5 Prozent im kommenden Jahr und dann weiter auf 1,9 Prozent im Jahr 2016 verstärken. Die Inflationsrate ohne Berücksichtigung der Energiepreise dürfte sich den Bundesbank-Fachleuten zufolge bis 2016 auf mehr als zwei Prozent erhöhen.

Keine Deflation in Sicht

Bundesbankpräsident Weidmann warnte trotz der insgesamt günstigen Aussichten davor, dass sich vor allem aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld Risiken ergeben: "Erhöhte geopolitische Spannungen oder eine erneute Zuspitzung der Krisen im Euro-Raum würden das BIP-Wachstum nicht nur über den Außenhandel, sondern auch über Vertrauenseffekte dämpfen."

Zudem bestehen den Bundesbank-Ökonomen zufolge erhebliche Unsicherheiten über den Umfang der zukünftigen Zuwanderung, die noch mobilisierbaren Reserven am heimischen Arbeitsmarkt sowie die Wirkungen des Mindestlohns und der abschlagsfreien Rente mit 63. Stellen sich die Angebotsbedingungen günstiger dar, sollte das Wirtschaftswachstum stärker und der Lohndruck schwächer ausfallen. In einem Szenario rascher zunehmender Verknappungen würden hingegen Löhne und Preise schneller steigen, und dadurch könnte die gesamtwirtschaftliche Expansion geringer ausfallen.