Ermittlungen zu Oktoberfest-Attentat beendet
8. Juli 2020Der verheerende Anschlag auf das Münchner Oktoberfest vom 26. September 1980 war eindeutig ein rechtsextremistisch motivierter Terrorakt. Das ergaben die Ende 2014 neu aufgenommenen Ermittlungen zu dem Attentat. Konkrete Ansätze zur Verfolgung etwaiger Hintermänner oder Komplizen wurden auch nach Prüfung Hunderter Spuren allerdings nicht gefunden. "Wir haben keine zureichenden, tatsächlichen Anhaltspunkte für die Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen an der Tat des Gundolf Köhler", teilte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Gleichzeitig informierte er darüber, dass die Behörde ihre Ermittlungen nun endgültig beendet habe.
Wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf einen Ermittler berichtet, geht die Bundesanwaltschaft nicht mehr davon aus, dass es sich bei dem Anschlag um die Tat eines unter Prüfungsstress stehenden Studenten mit Liebeskummer handelte. Vielmehr habe der Attentäter Gundolf Köhler aus nationalsozialistischer Überzeugung heraus agiert. Die Ermittler seien sich sicher, dass Köhler mit dem Anschlag die Bundestagswahl 1980 habe beeinflussen wollen.
Der Münchner Opferanwalt Werner Dietrich, der die neuen Ermittlungen im Dezember 2014 mit seinem dritten Wiederaufnahmeantrag in Gang gebracht hatte, bestätigte, dass die Bundesanwaltschaft - anders als bei der Einstellung 1982 - nun klar den rechtsterroristischen Hintergrund festgestellt habe. Dietrich zitierte aus Unterlagen der Karlsruher Behörde: "Köhler hat dabei nicht nur über das durch die Tat zu erreichende konkrete Ziel der politischen Einflussnahme auf die bevorstehende Bundestagswahl gesprochen, sondern darüber hinaus über einen Führerstaat und eine nationalsozialistische Diktatur, die er für wünschenswert halte." Bei der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 war CSU-Chef Franz Josef Strauß als Kanzlerkandidat der Union gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) angetreten, der im Amt bestätigt wurde.
Eineinhalb Wochen zuvor, am Abend des 26. September 1980, waren am Haupteingang zur Wiesn bei der Explosion von fast 1,4 Kilogramm TNT-Sprengstoff zwölf Festgäste getötet und mehr als 200 verletzt worden. Schrauben und Nägel in der selbstgebauten Bombe erhöhten die Zerstörungskraft. Auch der Attentäter Köhler starb.
Der 21-jährige Geologie-Student war Mitglied der im Januar 1980 verbotenen rechtsextremistischen "Wehrsportgruppe Hoffmann" gewesen und hatte Kontakte in weitere rechtsextreme Gruppen sowie zur NPD. Doch die Akten wurden seinerzeit rasch geschlossen, das Verfahren eingestellt. Angehörige, Opfervertreter und Politiker verschiedener Parteien kämpften für die Wiederaufnahme der Ermittlungen.
Seitdem gab es laut Anwalt Dietrich weit über tausend Vernehmungen von Zeugen und Opfern, an die 900 Hinweise und Spuren wurden überprüft. In den 1980er Jahren hatte es zahlreiche Ermittlungspannen gegeben. Zeugen wurden nicht ausreichend gehört. Ein nahe dem Explosionsort entdecktes Fragment einer Hand wurde in der Rechtsmedizin untersucht - und verschwand dann spurlos. 48 Zigarettenstummel aus Köhlers Auto wurden vernichtet. Heute hätten DNA-Spuren Hinweise liefern können. Ebenso wurden laut Dietrich 504 Asservate zerstört, angeblich aus Platzmangel.
se/wa (dpa, afp, sz)