Bulgarien: Borissow macht nicht mehr weiter
14. April 2021Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow gibt nach mehr als einem Jahrzehnt die Führung der Regierungsgeschäfte ab. Zehn Tage nach der Parlamentwahl kündigte der 61-Jährige in Sofia an, keine weitere Amtszeit mehr anzustreben. Als Nachfolger schlug er er den pro-europäischen Ex-Außenminister Daniel Mitow vor. Der 43-Jährige ist ebenfalls Mitglied der bürgerlichen Partei GERB.
Der 61 Jahre alte Borissow ist mit kurzen Unterbrechungen bereits seit 2009 Ministerpräsident. Vergangenes Jahr hatten Demonstranten in Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen immer wieder seinen Rücktritt verlangt.
Bei der Parlamentswahl Anfang April war seine GERB mit 26 Prozent der Stimmen wieder stärkste Partei in dem EU- und NATO-Mitgliedsland geworden. Die Partei verlor jedoch rund ein Fünftel ihrer Parlamentssitze und verfehlte mit nur noch 75 Mandaten in dem 240-Abgeordneten-Parlament die Mehrheit aber deutlich.
Als stärkste politische Kraft muss die GERB, die wie CDU/CSU zur EVP-Fraktion im Europaparlament gehört, der bulgarischen Verfassung zufolge mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt werden. In dem zersplitterten Parlament mit insgesamt sechs Parteien dürfte sie aber keine neue Koalition mehr zustande bringen können. Die fünf anderen Parteien lehnen ein Regierungsbündnis mit der Borissow-Partei ab.
Wie geht es weiter?
Bei einem Scheitern der GERB müsste Staatschef Rumen Radew den Auftrag zur Regierungsbildung dann an die zweitstärkste Kraft weitergeben, die systemkritische "Es gibt so ein Volk" ITN (17,6 Prozent, 51 Sitze). Deren Vorsitzender Slawi Trifonow, ein TV-Moderator und Kabarettist, hat sich noch nicht klar zu seinen Plänen geäußert. Trifonow steht wegen einer COVID-19-Erkrankung derzeit unter Quarantäne. Das neu gewählte Parlament kommt am Donnerstag zu seiner ersten Sitzung zusammen.
Borissow sagte, die nationale Einheit sei entscheidend in einer Zeit, in der Bulgarien mit einem Anstieg der Corona-Infektionen und mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der pandemiebedingten Schließungen zu kämpfen habe.
sti/ust/ww (dpa, rtr)