Brexit ja, Zukunft nein
Fischer Darren Kenyon aus Grimsby hat den Versprechen der LEAVE-Kampagne geglaubt und für den EU-Austritt gestimmt. Es sollte mehr Kontrolle über die Fanggründe vor der eigenen Küste und damit eine bessere Zukunft geben. Doch zweieinhalb Jahre nach dem Brexit fühlt auch er sich von Premierminister Boris Johnson ausgenutzt. Darren Kenyon geht es wirtschaftlich noch schlechter als zuvor. Der Vorwurf: genau so viel Bürokratie wie vorher und noch weniger Fangrechte. Dabei waren gerade die Fischer im Nordosten Englands so etwas wie Galionsfiguren der Brexit-Bewegung. So wie die Fischer, bereuen die meisten Menschen in der Humberside-Region ihre Wahl und merken erst jetzt, dass sie es - auch dank EU-Fördermitteln - zuvor besser hatten. Fast 70 Prozent von ihnen haben für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Und das, obwohl sie als "rote Wand", als tief verwurzelt in der Labour Party, galten. Heute ist die Ernüchterung groß: "Ich schäme mich, für den Austritt gestimmt zu haben, und würde die Zeit gerne zurückdrehen", sagt einer von ihnen. Bereits seit den 1990er-Jahren wurde die wirtschaftliche Situation im armen Nordosten Englands immer schlechter. Die Fangquoten trafen die Region hart. Das macht sich im Dezember 2019 ein Politiker zunutze, der gerade auf Stimmenfang im Kampf um das Amt des Premierministers ist: Boris Johnson. In der Montur der Fischfabrikarbeiter taucht er auf und fabuliert von der rosigen Zukunft der Fischerei nach einem Brexit, von besseren Fangquoten und dem Ende der EU-Bürokratie, von Geld, das künftig in das britische Gesundheitssystem fließen wird. Nichts davon hat sich bewahrheitet. Die Fischer auf ihren kaum noch leistbaren Booten fühlen sich ebenso verraten wie die Händler und Lieferanten. Immerhin gibt es in Hull nach wie vor ein Hip-Hop-Projekt, das die Jugendlichen von der Straße fernhalten soll. Wie Projektleiter Steve erzählt, kamen dafür in der Vergangenheit Gelder von der EU. Was dafür heute aus London kommt? Nichts.