Brasilien-Anleihen fast auf Ramschniveau
12. August 2015Brasilien muss einen Abzug von Investoren und damit eine Verschärfung der tiefen Wirtschaftskrise fürchten. Die US-Ratingagentur Moody's hat die Kreditwürdigkeit des fünftgrößten Landes der Welt auf "Baa3" heruntergestuft. Das bedeutet, es wird für das Land teurer, sich zu refinanzieren, und es gibt Risiken, dass Gelder am Ende verloren gegen - die nächste Stufe wäre eine Warnung, dass der Anleihen-Kauf mit hohen Ausfallrisiken verbunden ist. Dann würden Anleihen als eine spekulative Anlage eingestuft.
Das Land leidet unter offiziell 9,56 Prozent Inflation innerhalb eines Jahres, der höchste Wert seit zwölf Jahren, in den vergangenen Wochen zog die Teuerung deutlich an. Die Bürger ächzen derzeit unter steigenden Preisen, sie bekommen im Supermarkt weniger für ihr Geld als noch Anfang Juli. Der Konsum schwächelt: Die Industrieproduktion brach im ersten Halbjahr um 6,3 Prozent ein.
Kurzarbeit soll Arbeitsplätze retten
Die Krise führt auch zu einer Drosselung der Produktion etwa von Mercedes-Benz in Brasilien. Bis 21. August ist die Arbeit im Werk São Bernardo do Campo für zwei Wochen weitgehend eingestellt - hier werden vor allem Lastwagen, Motoren und Busse produziert. In den ersten sechs Monaten 2015 brach die Produktion im Automobilsektor in Brasilien um über 20 Prozent ein - es gibt eine deutlich geringere Nachfrage.
Um Arbeitsplätze zu retten, hat die Regierung bereits eine Kurzarbeit-Regelung mit staatlichen Zuschüssen nach dem Vorbild Deutschlands eingeführt. Die Zentralbank hat den Leitzins bereits auf mittlerweile 14,25 Prozent angehoben - um Anleger für den Kauf von Staatsanleihen anzulocken und so den Real zu stärken, der fast täglich an Wert zum Dollar verliert. Hohe Zinsen sind zwar ein probates Mittel im Kampf gegen die Inflation, machen aber Investitionen teuer und würgen die Konjunktur ab. Für 2015 wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,1 und der Investitionen um neun Prozent erwartet.
Korruptionsaffären erschüttern das Land
Staatspräsidentin Dilma Rousseff steht unter erheblichem Druck, für Sonntag sind in den größten Städten neue Massenproteste angekündigt. Laut einer Umfrage sind 66 Prozent der Bürger für eine Amtsenthebung der bis 2018 gewählten Präsidentin. Sie hat Probleme, ein Sparpaket, unter anderem mit Beschränkungen bei Pensionen und Gehältern im öffentlichen Dienst, durch den Kongress zu bringen - ohne Sparen und einen Inflationsstopp drohte eine weitere Abstufung im Rating.
Zudem verlieren die Bürger wegen eines milliardenschweren Korruptionsskandals das Vertrauen in Rousseff und ihre seit 2003 regierende Arbeiterpartei. Fast täglich gibt es neue Enthüllungen, Politiker sollen bei Auftragsvergaben Schmiergelder kassiert haben, im Kern geht es um Geschäfte von führenden Baufirmen wie Odebrecht und dem mit einem Jahresumsatz von rund 140 Milliarden US-Dollar größten Unternehmen des Landes, dem Ölkonzern Petrobras. Auch Aufträge im Ausland werden inzwischen untersucht - Petrobras verbuchte im zweiten Quartal einen Gewinneinbruch um 90 Prozent.
In diesem schwierigen Klima reist Bundeskanzlerin Angela Merkel mit zahlreichen Ministern in einer Woche zu den ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen nach Brasilia, die am 19. und 20. August stattfinden werden. Brasilien ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Deutschlands in Südamerika. Rund 1400 deutsche Unternehmen sind in Brasilien aktiv.