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Barenboim in Kairo

16. April 2009

"Ich bin als Privatmann nach Kairo gekommen und nicht etwa als Botschafter", sagt Barenboim. Dennoch: sein Besuch in Ägypten ist alles andere als unpolitisch.

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Das West-Eastern-Divan Orchestra bei einem Gastauftritt in Luzern
Das West-Eastern-Divan Orchestra besteht seit 1999 und bringt arabische und israelische Musiker zusammenBild: picture-alliance/ dpa

Es ist das erste Mal, dass ein berühmter israelischer Musiker in einem arabischen Land Auftritt – im kulturellen Leben des Nahen Ostens eine große Sensation. Am Donnerstag Abend (16.4.2009) hat Daniel Barenboim ein Konzert seines weltberühmten West-Eastern Divan Orchestra an der Kairoer Oper dirigieren.

Kulturaustausch tabu

Ägypten schloss zwar 1979 ein Friedensabkommen mit Israel – kulturell sind sich die beiden Länder in den vergangenen drei Jahrzehnten jedoch kaum näher gekommen. Ein Großteil der ägyptischen Intellektuellen lehnt nach wie vor jegliche "Normalisierung der Beziehungen“ mit Israel ab. Konkret heißt das: gegenseitige Besuche und Veranstaltungen sind tabu. Zuerst müsse es einen Frieden mit den Palästinensern geben – so die Einstellung der ägyptischen Intellektuellen.

Sie nimmt teilweise skurille Formen an. So lehnen ägyptische Intellektuelle auch Einladungen von Kollegen auf palästinensischer Seite ab – denn um in die Palästinensergebiete zu gelangen, müssten sie erst israelische Kontrollen passieren. Und so blieben auch bei der Auseinandersetzung mit Barenboims Besuch harte Parolen im Vordergrund. Der Kulturjournalist Amgad Mustafa etwa behauptete in der Zeitung "Al-Wafd", die Ägypter würden auf den Besuch Barenboims "mit Ekel reagieren“, da dieser die israelische Staatsbürgerschaft trage.

Israeli mit palästinensischem Pass

Was in einem solchen Statement ausgeblendet wird ist die Tatsache, dass Barenboim neben der israelischen auch die palästinensische Staatsbürgerschaft besitzt. Sie wurde ihm von der palästinensischen Autonomiebehörde zu Ehren seines Einsatzes für die Völkerverständigung verliehen. "Sie sehen, dass meine Sorge bei diesem Problem den Menschen gilt, der Gerechtigkeit, die fehlt. Darum respektieren mich die Palästinenser", sagt Barenboim dazu.

Edward Said. Quelle: AP
Mitbegründer des West-Eastern-Divan Orchestra: Der 2003 verstorbene palästinensische Intelektuelle Edward Said

Der gebürtige Argentinier Barenboim gründete gemeinsam mit dem amerikanisch-palästinenischen Intellektuellen Edward Said das West-Eastern Divan Orchestra, das palästinensische und israelische Musiker vereint. Dieses Projekt ist mittlerweile weltberühmt – nur in den Ländern des Nahen Ostens hat es das Orchester bisher schwer gehabt.

Ägyptischer Zuspruch

Zum Glück sind nicht alle ägyptischen Meinungsmacher gegen Barenboims Besuch – der Journalist Samir Farid etwa bezeichnete ihn als "großen Künstler“ und hob seine Leistungen auf dem Gebiet der Völkerverständigung hervor. "Im Grunde sollten alle Intellektuelle und Wissenschafter des Landes diesen Mann in Empfang nehmen", sagte er der arabischen Zeitung Al-Hayat.

Zuletzt protestierte Barenboim gegen "die Behinderung des Palästinensischen Kulturfestivals in Jerusalem“ durch israelische Behörden. Die jüngste Festnahme von 20 Festival-Mitarbeitern sei ein Zeichen der Angst vor kulturellen Äußerungen der Palästinenser, sagte er. Die israelische Regierung offenbare sich damit als "Feind der Kultur".

Jerusalem ist "Hauptstadt der arabischen Kultur 2009". Ein Projekt mit vielen Hürden. Unter ihnen auch, dass der Großteil der arabischen Kulturmacher aus den Nachbarländern wohl nicht an den Veranstaltungen teilnehmen wird – denn das würde ja eben jener „Normalisierung“ gleichkommen, gegen die Intellektuelle wie Amgad Mustafa von der Al-Wafd Zeitung protestieren. Und auch Barenboim wird vorerst nicht in der heiligen Stadt gastieren. Kairo ist nach Ramallah die erste Stadt des Nahen Ostens, in der das West-Eastern Divan Orchestra auftreten darf. Auch Israel erteilte bisher keine Auftrittserlaubnis.

Autor: Mahmoud Tawfik

Redaktion: Diana Hodali