Boom! Peng! Art!
6. Dezember 2004Er hat den Girls mit Kussmund, den todesmutigen Piloten und posenden Liebespaaren ein Denkmal gesetzt – und zwar im Museum. Roy Liechtenstein hat "High" und "Low" gemixt, aus trivialer Alltagskultur, aus den Bilderwelten der Comic-Strips Kunst gemacht und damit provoziert. Dabei hat er die Welt der "Ohs-" und "Arghs"-Sager nicht nur abgebildet, sondern vergrößert und isoliert. Dazu arbeitete er mit reinen, grellen Farben wie Gelb, Blau, Rot, umrandete jedes Feld Schwarz und stattete seine Bilder mit den berühmten Rasterpunkten aus.
Comic-Helden als Ikonen der Pop-Art
Mit dem Zitieren von populären Comics in der Pop Art der 1960er Jahre beginnt die Ausstellung "Funny Cuts" der Stuttgarter Staatsgalerie, die zeigt, wie Comics und Cartoons die Kunst bis heute beeinflusst haben. Etwa 60 Werke von 30 Künstlern aus den USA, Europa und Japan sind zu sehen. Während Künstler wie Roy Liechtenstein, Andy Warhol oder John Wesley die Comic-Helden zu Ikonen der Pop-Art machten, rückte in der Kunst der 1970er und 1980er Jahre zunehmend die subversive Kraft der Comics ins Licht. Der Comic war auch ein Medium, um der amerikanischen Gesellschaft einen (Zerr-)Spiegel vorzuhalten. Vor dem Hintergrund der Punk-Kultur inspirieren diese Comics Künstler wie Mike Kelley und Raymond Pettibon, der Comic-Figuren mit literarischen Text-Fragmenten kombiniert. Seine Bilder sind reich an sarkastischen Anspielungen auf die Alltagskultur und die Abgründe der amerikanischen Gesellschaft.
Kulleraugen und Kindchenschema
Einen Schwerpunkt setzt die Ausstellung auf den Umgang der jüngsten Künstlergeneration mit Comics und Cartoons. Eine bedeutende Rolle spielen dabei die japanischen Mangas und Anime-Filme, die spätestens seit der Pokémon-Welle ihren Siegeszug im Westen angetreten haben. So hat beispielsweise der japanische Künstler Yoshimoto Nora eigens für die Stuttgarter Ausstellung einen Pavillon mit Zeichnungen entworfen. Sein Markenzeichen sind Kinderbilder, in denen er das japanische Ideal der Niedlichkeit übererfüllt. Sie sind jedoch nur vordergründig niedlich. In Wahrheit sind seine Figuren, die den Betrachter mit großen Kulleraugen anstarren, einsam, aggressiv und verletzt.
Kindchenschema, Kulleraugen und quietschbunte Farben sind auch Programm des japanischen Shooting-Stars Takashi Murakami, der freimütig zugibt, dass er kommerziell erfolgreich sein will und sich "Superflachheit" auf die Fahnen geschrieben hat. Kein Wunder also, dass er die perfekte Mischung zwischen Kunst, Kommerz und Kitsch inszeniert. Nicht zuletzt deshalb hat er den Weg für eine ganze Generation japanischer Künstler geebnet, die mit dem konservativen Kunstgeschmack in ihrer Heimat aufräumen – 40 Jahre später als ihre amerikanischen Kollegen.
Die Ausstellung "Funny Cuts" ist bis zum 17. April 2005 in der Stuttgarter Staatsgalerie zu sehen. Zu sehen sind 60 Arbeiten, darunter Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Videos, von 30 Künstlern aus Europa, den USA und Japan.