Bombenanschlag vor türkischem Innenministerium in Ankara
1. Oktober 2023Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat sich zu dem Anschlag in der Nähe des türkischen Parlaments in Ankara bekannt. "Gegen das türkische Innenministerium wurde von einem Team, das unserer Brigade der Unsterblichen untersteht, eine Opferaktion verübt", teilte die PKK der kurdischen Nachrichtenagentur ANF mit.
Ein Selbstmordattentäter hatte sich am Morgen im Zentrum der türkischen Hauptstadt in die Luft gesprengt. Ein zweiter Täter wurde nach Angaben des Innenministeriums erschossen. Der Angriff richtete sich gegen den Sitz der Polizei und gegen das Innenministerium, die sich in einem Gebäudekomplex in der Nähe des Parlaments befinden. Bei einem Schusswechsel im Anschluss an die Explosion wurden zwei Polizisten leicht verletzt.
Bombenentschärfungstrupps im Einsatz
Fernsehbilder zeigten Bombenentschärfungstrupps, die in der Nähe eines geparkten Fahrzeugs in dem Gebiet arbeiteten, das sich in der Nähe der Großen Türkischen Nationalversammlung und anderer Regierungsgebäude befindet. Die Polizeipräfektur von Ankara teilte mit, sie habe in der Folge noch einige "verdächtige Pakete" kontrolliert zur Explosion gebracht, da zunächst weitere Anschläge befürchtet wurden.
Aktionen gegen Kurden auf Agenda des Parlaments
Der Anschlag erfolgte nur wenige Stunden vor Beginn der neuen Sitzungsperiode des türkischen Parlaments. Kurdische und linksradikale militante Gruppen sowie die Gruppe "Islamischer Staat" haben in der Vergangenheit im ganzen Land tödliche Anschläge verübt. Auf der Agenda des türkischen Parlaments steht in der neuen Sitzungsperiode unter anderem die Abstimmung über den NATO-Beitritt Schwedens, den Ankara seit Monaten blockiert. Die Türkei fordert von Schweden ein härteres Vorgehen gegen die PKK.
Auch über die Einsätze des türkischen Militärs im Irak und in Syrien soll nach Angaben des Staatssenders TRT zeitnah abgestimmt werden. Die Türkei geht im Nordirak und in Nordsyrien regelmäßig gegen die syrische Kurdenmiliz YPG und die PKK vor. Ankara sieht beide als Terror-Organisationen an.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete den Anschlag in Ankara als "letztes Zucken des Terrors". Die "Schurken" hätten ihre Ziele nicht erreicht und würden sie niemals erreichen, sagte Erdogan in einer Rede zur Eröffnung der neuen Sitzungsperiode.
Der EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, Oliver Varhelyi, teilte auf seinem Social-Media-Account der Plattform X eine Nachricht und schrieb: "Wir unterstützen die Türkei im Kampf gegen den Terrorismus". Varhelyi wünschte den bei dem "Selbstmordattentat" verletzten Polizeibeamten eine schnelle Genesung.
Kilicdaroglu sendet Genesungswünsche
Der Vorsitzende der Oppositions-Partei CHP, Kemal Kilicdaroglu, veröffentlichte auch eine Botschaft zu dem mutmaßlichen Terroranschlag. Auf der Social-Media-Plattform X erklärte er: "Ich wünsche unseren Polizisten, die bei dem heimtückischen Terroranschlag in Ankara verletzt wurden, baldige Genesung. Terrorismus ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Egal von wem und woher er kommt, wir werden als Land gemeinsam kämpfen, wir werden verräterischen Bestrebungen niemals eine Chance geben! Gute Besserung, meine Türkei", sagte er.
Auch die deutsche Botschaft veröffentlichte auf Türkisch und Deutsch eine Reaktion via X: "Mit Entsetzen beobachten wir die Nachrichten von dem Terroranschlag heute morgen im Herzen Ankaras", hieß es darin. "Wir wünschen den Verletzten rasche Genesung. Bitte vermeiden Sie bis auf Weiteres das Stadtzentrum von Ankara."
Die Explosion ereignete sich fast ein Jahr nach dem Anschlag in einer belebten Fußgängerzone im Zentrum Istanbuls am 13. November 2022, bei der sechs Menschen getötet und 81 verletzt wurden. Die Türkei machte kurdische Aktivisten dafür verantwortlich. Ankara ist in den vergangenen Jahren von Anschlägen verschont geblieben. Den letzten Angriff gab es 2015, als bei Bombenexplosionen am Hauptbahnhof mehr als 100 Menschen ums Leben kamen. Dafür soll der sogenannte "Islamische Staat" (IS) verantwortlich gewesen sein.
sti/haz/nob/as (dpa, afp, ap, rtr, DW-Türkisch)