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In Gaza fehlt es am Nötigsten

Marcus Lütticke30. Juli 2014

Die Lage für die Menschen verschlechtert sich von Tag zu Tag. Fast pausenlos greifen israelische Streitkräfte Ziele in Gaza an. Selbst Hilfskräfte und Flüchtlinge geraten an den wenigen Zufluchtsorten unter Beschuss.

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Ein palästinensischer Junge und sein Vater in Gaza
Bild: picture-alliance/dpa

"Ich verurteile in allerschärfster Form den schwerwiegenden Völkerrechtsverstoß israelischer Streitkräfte." Mit deutlichen Worten wandte sich Pierre Krähenbühl, Generalkommissar des UNRWA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge), am Mittwoch (30.07.2014) an die Öffentlichkeit. Am Abend zuvor war die Jabalia Elementary Girls School, eine Schule der UN, in der sich 3.300 Flüchtlinge aufhielten, von der israelischen Artillerie beschossen worden. "Letzte Nacht wurden Kinder getötet, die neben ihren Eltern auf dem Fußboden eines Klassenraumes schliefen, der als UN Schutzraum ausgewiesen war", so Krähenbühl. "Das waren Menschen, die von der israelischen Armee aufgefordert worden waren, ihre Häuser zu verlassen."

Unter den Opfern waren Frauen und Kinder sowie ein UN-Mitarbeiter, der als Wachmann in der Schule war. Die genaue Lage der Schule sowie die Tatsache, dass dort massenhaft Flüchtlinge untergebracht waren, habe man der israelischen Armee 17 Mal mitgeteilt, so Krähenbühl, zuletzt nur wenige Stunden vor dem Beschuss.

Es gibt keine Sicherheit

Aus Sicht von Riad Othmann, der als Büroleiter für die Hilfsorganisation Medico International in Ramallah arbeitet und in ständigem Kontakt zu den Partnern im Gazastreifen steht, gibt es inzwischen keine sicheren Zufluchtsorte mehr: "Ich kann mir kein Ziel vorstellen, das Israel nicht potenziell angreifen würde - mit Ausnahme des UNRWA Hauptquartiers in Gaza und den Hotels am Strand, wo klar ist: Da sitzen sehr viele Ausländer drin."

Kinder liegen in einer Schule in Gaza (Foto: Getty Images)
Kein sicherer Ort - Kinder schlafen auf dem Fußboden einer Schule in GazaBild: Mahmud Hams/AFP/Getty Images

Das Leben eines Palästinensers sei - auch in der medialen Wahrnehmung - leider nicht viel wert. "Das ist auch das, was unsere palästinensischen Partner immer wieder betonen: Arabisches Blut ist sehr billig." Den politisch Verantwortlichen in Israel sei zwar klar, dass Bilder bombardierter Schulen im Ausland nicht gut ankämen, aber: "Was die Öffentlichkeit in Europa denkt, kann den Regierenden in Israel so lange egal sein, wie europäische Politiker aus der öffentlichen Meinung keine Konsequenzen ziehen." Und das sei meistens der Fall.

Versorgung bricht zusammen

Durch die vielen Verletzten seien die Krankenhäuser in Gaza inzwischen hoffnungslos überfüllt. Das bedeute, "dass viele Patienten relativ zeitnah nach chirurgischen Eingriffen, Amputationen usw. vor die Tür gesetzt werden müssen."

Gazas einziges Kraftwerk brennt (Foto: Getty Images)
Kein Strom - das einzige Kraftwerk in Gaza wurde in Brand gesetztBild: Getty Images

Neben den Gefahren durch den Beschuss sei die Zerstörung der ohnehin maroden Infrastruktur zu einem lebensbedrohlichen Problem geworden: "Nachdem jetzt das einzige Kraftwerk Gazas zerstört wurde, gibt es in weiten Teilen Gazas gar keinen Strom mehr, in Gaza Stadt nur zwei Stunden am Tag."

Das bedeute vor allem für die Krankenhäuser und die Wasserver- und entsorgung große Probleme, da Pumpen nicht mehr arbeiten würden. Gerade in den Massenunterkünften drohe nun der Ausbruch von Krankheiten: "Es besteht akute Seuchengefahr. Wenn es kein Wasser gibt, kann man sich auch nicht waschen. Es gibt Läuse, es gibt die Krätze und es droht der Ausbruch von Epidemien."

Mitarbeiter in Gefahr

Während es in anderen Ländern im Krieg zu großen Flüchtlingsströmen in die Nachbarländer kommt, sind die Menschen in Gaza in ihrem Land gefangen. Gleiches gilt für die lokalen Hilfskräfte vor Ort, die versuchen, das Leid ihrer Mitmenschen zu lindern.

Ärzte in Gaza (Foto: MOHAMMED ABED/AFP/Getty Image)
Auch Helfer werden zu Opfern - Notfallversorgung eines SanitätersBild: AFP/Getty Images

"Sie versuchen sich zum Teil dadurch zu schützen, dass sie gerade in einer solchen Situation versuchen eine Normalität zu konstruieren - und dazu gehört natürlich ein Arbeitsalltag", so Othmann. Gegen die ständige Angst, das eigene Haus könnte von einer Rakete getroffen werden, helfe nur Ablenkung. "Schon alleine deshalb, um nicht durchzudrehen."