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Musik

Janis Joplin wäre 80 geworden

Rick Fulker | Silke Wünsch
19. Januar 2023

Ihre Auftritte und Musik waren legendär, ihr Lifestyle schrie "Sex, Drugs and Rock'n'Roll". Am 19. Januar 1943 kam Janis Joplin in Texas zur Welt.

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Janis Joplin
Janis Joplin: eine Urgewalt auf der BühneBild: picture-alliance/United Archives/Roba Archiv

Ein lila Kleid mit pinkfarbener Federboa, unzählige Hals- und Armbänder: Janis Joplin unterhält sich mit dem Fernsehmoderator Dick Cavett. Ob sie ihre Heimatstadt mal besucht? Tatsächlich werde sie demnächst dorthin fahren, kommt die Antwort, anlässlich des zehnjährigen Klassentreffens. Ob sie ihren alten Klassenkameraden, die sie in der Schulzeit gemobbt und gehänselt haben, viel zu sagen habe, will Cavett von ihr wissen. Janis Joplin: "Yeah, ich gehe zu meinem Highschool-Treffen, Mann. Ja. Ich werde mit Glocken und Federn auftauchen und sagen: 'Erinnerst du dich an mich, Mann? Du hast mich aus dem Unterricht gelacht. Und - was machst du heute so? Immer noch 'nen Job an der Tankstelle?'"

Ein Moment des Triumphes und des Schmerzes im Leben des Megastars. Es ist der 25. Juni 1970. Janis Joplin wird nur noch vier Monate leben.

Klassentreffen mit Joint

Das Klassentreffen an der Thomas Jefferson High School im texanischen Port Arthur findet an einem warmen Samstagabend im August 1970 statt. Jemand hat eine Kamera dabei und filmt. Janis Joplin taucht, wie angekündigt, in bunten Hippie-Klamotten auf - mit Federboa in den Haaren, einer fast durchsichtigen Bluse und einer rosafarbenen runden Sonnenbrille. In der Hand hat sie einen riesigen Joint.

Sie ist ein Superstar - und scheint trotzdem ein bisschen unsicher zu sein, als ob sie spürt, dass sie auf der Party nicht besonders willkommen ist. Sie wirkt in der Tat wie ein bunter Fremdkörper inmitten der geschniegelten ehemaligen Schulkameraden, die sie teils neugierig, teils kopfschüttelnd beäugen. Jemand interviewt sie und fragt, wer sie vor zehn Jahren zum Schulabschlussball eingeladen habe. "Niemand", antwortet Janis, und man sieht es ihr an: Das sitzt immer noch tief.

Janis Joplin waren Konventionen egal

Janis Lyn Joplin, am 19. Januar 1943 in der Ölraffineriestadt Port Arthur geboren, konnte lesen, bevor sie zur Schule ging. Als 14-jähriges pummeliges und pickeliges Mädchen wurde sie gehänselt. Sie interessierte sich für Kunst und Literatur, schrieb Gedichte. "Ich fing an zu singen, als ich ungefähr 17 war, und für mich kam das, gelinde gesagt, als große Überraschung", sagte sie später - denn sie habe ihre laute Stimme eigentlich nur durch Zufall entdeckt.

Janis Joplin lacht herzlich.
Janis Joplin konnte sehr laut und dreckig lachenBild: AP Photo/picture alliance

Die innere Emigration im spießigen Milieu prägte irgendwann auch ihr Erscheinungsbild: Janis färbte ihr Haar orange, trug Männerkleidung oder zottelige Gewänder. Das von einem Minderwertigkeitskomplex geplagte Mädchen zog die Aufmerksamkeit auf sich. Eltern warnten ihre Kinder, nicht mit ihr zu verkehren, sie sei ein schlechter Einfluss. 

Janis schaffte die Highschool und machte eine Ausbildung als Sekretärin. Später studierte sie Kunst an der University of Texas in Austin und wurde dort wegen ihres provokanten Erscheinungsbilds von einigen Kommilitonen zum "hässlichsten Mann an der Uni" erklärt.

"Ein Nitroglyzerinsprengstoff namens Janis Joplin"

Mit 18 Jahren kam sie nach San Francisco, das kulturell Lichtjahre von Port Arthur, Texas, entfernt war - und wurde quasi über Nacht zur Ikone der Hippie-Bewegung. Ihre Ankunft in der Musikszene war wie ein Erdbeben. Das unscheinbare Mädchen von damals landete auf dem Cover von "Newsweek". Unter dem Titel "Rebirth of the Blues" schrieb der Kritiker: "Beim ersten und inzwischen historischen Monterey International Pop Music Festival 1967 sprengte ein Nitroglyzerinsprengstoff namens Janis Joplin die Welt des Rock weit auf. Durch den Gesang mit der gequälten Leidenschaft, der zu ihrem Wahrzeichen geworden ist, ist sie der erste weibliche Superstar des Rock geworden."

Newsweek Cover von 1969 mit der singenden Janis Joplin.
Das Newsweek-Cover von 1969Bild: Newsweek

Ganze fünf Jahre dauerte die Blitzkarriere. Das Ergebnis: 15,5 Millionen allein in den USA verkaufte Alben, internationale Anerkennung - und ein selbstzerstörerischer Lebensstil.

Später wurde bekannt, wie viele Briefe sie an ihre Eltern geschrieben hatte, wie sehr sie sich auch von ihnen Anerkennung wünschte. Die texanische Heimat konnte sie nie ganz abstreifen. Ein Journalist der "New York Times" schrieb: "Sie ließ keine Gelegenheit aus, ihre bürgerliche Heimatstadt als Hochburg der kleinstädtischen Intoleranz abzuschreiben." Wegen des Images der Sängerin, die auf der Bühne Whisky trank, erteilte ihr die texanische Großstadt Houston ein Auftrittsverbot. Und auch in ihrer Geburtsstadt ließ man sie spüren, dass sie hier nicht willkommen war. Für ihre Eltern war es entsetzlich, sie saufend und Obszönitäten schreiend auf der Bühne zu sehen. Trotzdem stand die Familie bis zum Schluss zu ihr. 

Mit Jimi Hendrix im Club 27 

Am 4. Oktober 1970 erschien Janis Joplin nicht zu einer verabredeten Aufnahmesession bei den Sunset-Sound Studios in Los Angeles. Dort hatte sie zusammen mit ihrer Full Tilt Boogie Band an ihrem Album "Pearl" gearbeitet. Ein Kollege fuhr zu ihrem Hotel; dort lag sie tot auf dem Fußboden. Todesursache: Überdosis an Heroin.

Die Gitarrenlegende Jimi Hendrix war gerade mal zwei Wochen davor gestorben, auch 27 Jahre alt. Jim Morrison von den Doors folgte im Juli 1971. Hendrix, Joplin und Morrison waren alle drei Ikonen der Hippie-Zeit.

Nur wenige Tage vor ihrem Tod hatte Joplin ihr Testament unterschrieben. Da hinterlegte sie eine große Summe für ihre Trauerfeier, auf den Einladungen für geladene Gäste stand: "Pearl gibt einen aus." Der Rest ihres Nachlasses ging an ihre Familie.

Dieser Artikel wurde anlässlich des 80. Geburtstages von Janis Joplin aktualisiert.

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Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online