Blinken drängt China zur Distanzierung von Russland
9. Juli 2022US-Außenminister Antony Blinken hat China aufgefordert, angesichts des Ukraine-Krieges auf Distanz zu Russland zu gehen. Er habe seinem chinesischen Kollegen Wang Yi gesagt, dass dies "wirklich der Moment ist, in dem wir alle aufstehen müssen (...), um die Aggression zu verurteilen", sagte Blinken nach einem fünfstündigen Treffen mit Wang auf der Insel Bali in Indonesien. China behaupte zwar, in dem Konflikt neutral zu sein. Tatsächlich unterstütze Peking aber Moskau. "Die Volksrepublik China steht nach wie vor zu Russland", sagte Blinken.
Trotz der Komplexität der Beziehungen seien die Gespräche mit Wang "nützlich, offen und konstruktiv" gewesen, berichtete der US-Minister. Er habe jedoch auch die "tiefe Besorgnis" der US-Regierung "über die zunehmend provokante Rhetorik und die Aktivitäten Pekings gegenüber Taiwan zum Ausdruck gebracht".
Wang hatte vor dem Treffen gegenüber Reportern betont: "China und die Vereinigten Staaten sind zwei große Länder, daher ist es notwendig, dass die beiden Länder einen normalen Austausch pflegen", sagte Wang Yi. Notwendig sei dabei auch "gegenseitiger Respekt". Beide Staaten stünden immer mehr Herausforderungen gegenüber, sagte der chinesische Außenminister demnach. Wang Yi forderte die USA den Angaben zufolge auf, das politische System in China zu respektieren und eine Mentalität wie im Kalten Krieg aufzugeben.
Washington dürfte sich nicht in innere Angelegenheiten wie die Taiwan-Frage oder Hongkong einmischen, hieß es weiter. Auch sollten die USA ihre Strafzölle zurückzunehmen, die die Vorgängerregierung um Donald Trump gegen China verhängt hatte. Zum Thema Ukraine-Krise hieß es von der chinesischen Seite lediglich, man habe dazu einen "tiefen Meinungsaustausch" geführt.
Etliche brisante Themen
Die Spannungen zwischen den beiden Weltmächten haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Bei dem Gespräch zwischen Blinken und Wang am Rande des G20-Außenminister-Treffens auf Bali standen eine Reihe brisanter Themen auf der Agenda, darunter der Konflikt um Taiwan. Streitpunkte sind außerdem der Handel, Chinas Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren und die Zukunft von Hongkong. Trotz ihrer strategischen Rivalität sind die beiden größten Volkswirtschaften der Welt nach wie vor wichtige Handelspartner.
Ein Treffen Blinkens und des Nationalen US-Sicherheitsberaters Jake Sullivan mit ihren chinesischen Kollegen im März 2021 in Alaska hatte große Meinungsverschiedenheiten deutlich gemacht, insbesondere beim Thema Taiwan. Auch beim Krieg in der Ukraine gehen die Meinungen weit auseinander: Während die USA gemeinsam mit anderen westlichen Staaten die Ukraine mit Waffen unterstützt und harte Sanktionen gegen Russland verhängt haben, demonstriert China seine Nähe zu Kreml-Chef Wladimir Putin und stockte die Ölimporte aus Russland auf.
Im Vorfeld hatte Daniel Russel, ein US-Spitzendiplomat für Ostasien, der engen Kontakt zu Biden hat, erklärt, er gehe davon aus, dass die Minister auch die Möglichkeit eines persönlichen Treffens zwischen Biden und Xi ausloten würden. Es wäre das erste Treffen der Staatsoberhäupter, das möglicherweise am Rande des G20-Gipfels im November auf Bali stattfinden könnte.
kle/sti (afp, rtr)