Deutschland verliert Testspiel gegen Norwegen
11. Februar 2009Wie gut, dass die Arena in Düsseldorf beheizt war! Sonst hätte sich wohl mancher der 45.000 Zuschauer einen Schnupfen geholt im Spiel gegen Norwegen. Denn erwärmend war der häufig unmotivierte Kick allenfalls für die Gäste. Das Tor von Christian Grindheim in der 63. Minute blieb der einzige Treffer des Spiels.
Dabei hätten die Vorzeichen kaum eindeutiger sein können, und zwar für die deutsche Mannschaft: Norwegen hatte im vergangenen Jahr kein einziges Länderspiel gewonnen, gegen Deutschland überhaupt erst einmal, und das ist 73 Jahre her. Dazu fehlten Trainer Egil Olsen einige seiner besten Spieler. Die Gelegenheit, Alternativen zu sichten, bot sich nicht, weil der Ligabetrieb in Norwegen bis zum März ruht.
Auf der anderen Seite: der EM-Zweite, der Weltranglistenzweite, die Leistungsträger alle an Bord, drängender Nachwuchs, ein Heimspiel.
Immer in Unterzahl
Aber das deutsche Team setzte den negativen Trend aus dem Spätherbst fort, fand einfach kein Rezept gegen die taktisch äußerst diszipliniert zu Werke gehenden Norweger. Wo immer Ballack, Schweinsteiger und Trochowski auch hinspielten, standen schon zwei der in rot gekleideten Gäste. Und im nächsten Moment sahen sie sich überfallartigen Kontern gegenüber, die fast regelmäßig zu Torchancen führten.
Zweimal durfte sich die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw sogar glücklich schätzen, dass ein Elfmeterpfiff des österreichischen Schiedsrichters ausblieb. Erst war es Torwart Rene Adler, der, nachdem er einen Schuss nach vorne abgewehrt hatte, den heranstürmenden Gegner mit seinen Händen zu Fall brachte, wenig später rannte Heiko Westermann seinen Kontrahenten im Strafraum einfach über den Haufen.
Behäbig, langsam, ideenlos
Je länger das Spiel dauerte, desto aufmüpfiger wurden die Norweger, desto gefährlicher wurden ihre Angriffe. Die Chancen der deutschen Mannschaft dagegen ließen sich an einer Hand abzählen. Zu Beginn der Partie vergab Mario Gomez aus äußerst spitzem Winkel knapp, gegen Ende parierte Norwegens Torwart Jarstein glänzend gegen den Stuttgarter.
Für Bundestrainer Joachim Löw war die Niederlage im Freundschaftsspiel die logische Konsequenz: "Wir haben heute nicht unverdient verloren haben," sprach er nach dem Schlusspfiff ins TV-Mirkophon, "die Norweger waren gut organisiert. Wir dagegen haben es nicht geschafft, nach einem Ballgewinn schnell umzuschalten und schnell zu kombinieren." Das klingt nach Ratlosigkeit. "Unser Spielaufbau war heute zu langsam, zu behäbig, zu wenig inspirierend und wir haben auch insgesamt zu wenig Chancen herausgespielt."
Im deutschen Team erreichte kein Akteur Normalform. Allenfalls der zur zweiten Hälfte ins Spiel gekommene Neuling Andreas Beck machte auf sich aufmerksam, zunächst mit großer Laufbereitschaft auf der rechten Abwehrseite, dann mit einem Stellungsfehler beim Gegentor.
Neulinge Beck und Özil können keine Akzente setzen
Neben dem Hoffenheimer Beck kam in der Schlussphase auch der Bremer Mesut Özil zu seinem ersten Einsatz in der deutschen Nationalmannschaft. Allerdings war das Spiel da schon so zerfahren, dass ihm sein Auftritt wohl keinen großen Spaß gemacht haben dürfte. Dennoch - jetzt ist es zu spät, denn mit seinem Kurzauftritt hat sich Özil unwiderruflich an den Deutschen Fußballbund gebunden. Seine mangelnde Erfahrung mag man ihm auch zugute halten bei der Analyse der Partie: ""Wir waren klar die bessere Mannschaft. Wir haben die Tore halt nicht gemacht. Schade, dass wir das Spiel verloren haben."
Den vermeintlich unterklassigen Gegner Norwegen hatte die Teamleitung mit Bedacht gewählt, denn in der WM-Qualifikation am 28. März gegen Liechtenstein und am 1. April gegen Wales werden Mannschaften mit ähnlichen Spielanlagen auflaufen. Damit hatte das 0:1 von Düsseldorf auch einen pädagogischen Effekt, glaubt der auch diesmal wieder farblose Kapitän Michael Ballack: "Wir müssen einfach versuchen gegen eine so gut organisierte Defensive schneller zu spielen, uns mehr Chancen herauszuspielen." Es gibt also noch viel zu tun für den Bundestrainer und seine Mitarbeiter bis Ende März. Körperlich dürfte die Mannschaft auf der Höhe sein, aber vor allem an der Einstellung muss sich noch einiges ändern, will man nicht auch in der WM-Qualifikation eiskalt erwischt werden.
Statistik:
Deutschland - Norwegen 0:1 (0:0)
Deutschland: Adler (Bayer Leverkusen/24 Jahre/4 Länderspiele) - Hinkel (Celtic Glasgow/26/19 - 46. Beck/1899 Hoffenheim/21/1), Mertesacker (Werder Bremen/24/53 - 46. Tasci/VfB Stuttgart/21/5), Westermann (FC Schalke 04/25/10), Lahm (Bayern München/25/53) - Schweinsteiger (Bayern München/24/63), Frings (Werder Bremen/32/79 - 68. Marin/Bor. Mönchengladbach/19/5), Ballack (FC Chelsea/32/90), Trochowski (Hamburger SV/24/19 - 79. Özil/Werder Bremen/20/1) - Klose (Bayern München/30/88 - 46. Helmes/Bayer Leverkusen/24/10), Gomez (VfB Stuttgart/23/21 - 68. Kießling/Bayer Leverkusen/25/2)
Norwegen: Jarstein (Rosenborg Trondheim/24/6) - Høgli (Tromsø IL/24/4), Wæhler (Aalborg BK/32/6), Hangeland (FC Fulham/27/50), Bertelsen (Viking Stavanger/24/4) - Braaten (FC Toulouse/26/18 - 87.Nevland/FC Fulham/0/8), Grindheim (SC Heerenveen/25/23 - 79. Strømstad/Le Mans UC 72/27/18), Andresen (Vålerenga Oslo/32/42), Skjelbred (Rosenborg Trondheim/21/8 - 87. Huseklepp/Brann Bergen/24/2), Pedersen (Blackburn Rovers/27/46) - Helstad (Le Mans UC 72/31/33 - 65. Bjørn Riise/Lillestrøm SK/25/12)
Schiedsrichter: Messner (Österreich) - Zuschauer: 45.000
Tor: 0:1 Grindheim (63.)