Bitteres WM-Aus für Deutschland in Katar
1. Dezember 2022
Am Ende waren da nur noch leere Gesichter. Bei den Fans, bei Bundestrainer Hansi Flick, bei den Spielern. Mit 4:2 (1:0) hatten sie eben ihr letztes Vorrundenspiel bei der WM in Katar gegen Costa Rica zwar gewonnen, und doch müssen sie die frühe Heimreise antreten. Noch vor dem Abpfiff wurde bekannt, dass Japan überraschend gegen Topfavorit Spanien gewonnen hat - die DFB-Elf hätte noch fünf weitere Treffer erzielen müssen, um die Spanier noch abzufangen und ins Achtelfinale einzuziehen.
Die Partie in Al-Chaur hatte verheißungsvoll begonnen: Deutschland spielte sich Chance um Chance heraus, nach knapp zehn Minuten bugsierte Serge Gnabry den Ball dann auch per Kopf ins Tor zum 1:0. Alles schien nach Plan zu laufen, zumal im Parallelspiel Spanien ebenfalls in Führung ging. Allerdings ließen die deutschen Spieler in der Folge etliche weitere Möglichkeiten ungenutzt und zeigten auch in der Abwehr einige Unsicherheiten.
Wäre Manuel Neuer nicht mit einer Weltklasse-Parade zur Stelle gewesen - Costa Rica hätte schon hier ausgleichen können. Für Flick war das der Knackpunkt: "Ich war schon in der ersten Halbzeit von der Mannschaft enttäuscht. Ich war richtig sauer. Wir hätten drei, vier Tore vorlegen können. Durch Leichtfertigkeiten haben wir den Gegner ins Spiel gebracht."
Leichtsinn und mangelnde Effizienz
Das Gegentor fiel dann nach knapp einer Stunde. Yeltsin Tejeda (58.) war der Torschütze, auch hier war die Abwehr wieder nicht im Bilde, wie auch beim 1:2 durch Juan Vargas (70.). Thomas Müller, der selbst eher unglücklich agierte, analysierte nach der Partie in der ARD: "Insgesamt haben wir sehr viel Aufwand betrieben, wir haben die Disziplin im Offensiv-Positionsspiel verloren, weil jeder der Mannschaft helfen wollte. Am Ende war die Effizienz nicht gut genug, um das Wunder mit sieben Toren Unterschied zu gewinnen, zu schaffen."
Immerhin schafften seine Mannschaftskameraden noch drei Tore: Der eingewechselte Kai Havertz brachte das DFB-Team mit einem Doppelschlag wieder in Front (73./84.), der ebenfalls spät gebrachte Niclas Füllkrug (89.) stellte auf den 4:2-Endstand. In den letzten Minuten der zehnminütigen Nachspielzeit ahnten die Spieler schon, dass sie keine Chance mehr hatten, dass Spanien und Japan nichts mehr tun würden, um an der für sie günstigen Tabellensituation noch etwas zu ändern.
Müller vor Abschied: "Habe es mit Liebe getan"
"Ich glaube, man kann der Mannschaft heute und gegen Spanien nichts vorwerfen. Das Unglück ist im Spiel gegen Japan passiert", sagte ein resignierter Thomas Müller nach dem Spiel. "Die Enttäuschung ist enorm." Der Weltmeister von 2014 deutete anschließend seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft zumindest an und richtete in die Fernsehkamera bereits eine Art Abschiedsrede. "Es war ein enormer Genuss. Liebe Leute, vielen Dank! Wir haben unglaubliche Momente miteinander gehabt", sagte der 121-malige Nationalspieler. "Ich habe in jedem Spiel versucht, meint Herz auf dem Platz zu lassen." Zwar hätten die Zuschauer manchmal auch Schmerzen im Gesicht gehabt, weil Aktionen nicht gelangen, aber, so Müller: "Ich habe es mit Liebe getan. Da könnt ihr euch sicher sein."
Doppeltorschütze Havertz war überrascht und enttäuscht vom Auftreten von Konkurrent Spanien: "Mit dem Ergebnis, das Spanien gemacht hat, hatten wir nicht gerechnet. Aber wir müssen uns an die eigene Nase fassen. Wir hätten gegen Japan gewinnen müssen, wir hätten gegen Spanien gewinnen müssen. Wir haben die Chance nicht genutzt." Flick pflichtete dem bei: "Wir sind wegen der mangelnden Effizienz aus dem Turnier ausgeschieden". Allerdings, so der Bundestrainer, sei "das Aus nicht heute entschieden worden. Es waren 20 Minuten gegen Japan, und auch gegen Spanien hätten wir gewinnen können."