Bitcoin-Startup auf Kuba umgeht US-Blockade
1. Dezember 2020Ende November wickelte der US-Zahlungsdienstleister Western Union die vorerst letzten Geldüberweisungen zwischen den USA und Kuba ab. Wegen neuer Sanktionen der Trump-Regierung gegen Kuba mussten die mehr als 400 Unternehmensfilialen auf der Insel schließen. Ein harter Schlag für die sogenannten Remesas - also die Rücküberweisungen von in den USA lebenden Kubanern in ihre Heimat.
Western Union wickelte einen Großteil der dieser Überweisungen ab. Die Kubaner müssen also nach neuen Wegen suchen, um die so wichtigen Geldtransfers aus dem Ausland aufrechtzuerhalten.
Eine solche Alternative bietet das kubanische Startup BitRemesas. Es organisiert Geldüberweisungen in Form von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether, Doge und anderen. "In Kuba gibt es eine wachsende Gemeinde von Kryptogeld-Anhängern", sagt Erich García, Programmierer und Software-Entwickler aus Havanna.
Der 34-Jährige, der auch einen eigenen YouTube-Kanal mit Ratschlägen und Lösungen für das Internet bespielt, hat die Plattform BitRemesas Ende September ins Leben gerufen. Normalerweise geht ein Kunde, um Geld zu überweisen, zu Western Union oder einer Bank. Die behalten eine Kommission ein und zahlen das Geld am Bestimmungsort aus. "In unserem System ist der Prozess ähnlich, nur dass keine Bank dazwischengeschaltet ist", erklärt García. "Das Geld wird digital in Form von Kryptogeld an uns gesendet und wir kümmern uns darum, es physisch an den Kunden in Kuba auszuzahlen."
"Eine Win-win-win-Situation"
Der Mechanismus von BitRemesas ist denkbar einfach. García gibt ein praktisches Beispiel: "Jemand aus den USA überweist an einen Familienangehörigen über BitRemesas 100 US-Dollar in Bitcoin. Wir erhalten diese 100 US-Dollar in Bitcoin und organisieren eine - nennen wir es negative - Versteigerung. Es gibt viele Kubaner, die Kryptowährungen erwerben wollen. Versteigert wird die kleinstmögliche Summe an Bitcoin. Es gibt Fälle, da ersteigert jemand 88 oder 92 oder 93 US-Dollar in Bitcoin. Die Differenz an Bitcoin ist in diesem Fall der Gewinn von Bitremesas." Sprich: Nicht der Höchstbietende, sondern der mit dem kleinsten Gebot erhält den Zuschlag.
Wenn der Gewinner der Versteigerung die volle Überweisungssumme an den Empfänger der Remesa überwiesen hat, in diesem Fall also 100 Konvertible Pesos (Peso Convertibile, CUC), überweist Bitremesas ihm die ersteigerte Menge in Bitcoin. Dazu muss man wissen, dass der CUC seit der Teil-Dollarisierung des kubanischen Einzelhandels gegenüber dem US-Dollar stark abgewertet hat. Während der offizielle Wechselkurs 1:1 ist, muss man auf dem Schwarzmarkt mittlerweile für einen US-Dollar 1,50 CUC und mehr zahlen.
Zum einen kann man für CUC sonst nirgends Kryptowährungen erwerben, deshalb geben sich die Leute mit einem kleineren Anteil zufrieden. Dadurch, dass 100 CUC aber nicht mehr 100 US-Dollar sind, sondern auf dem Schwarzmarkt nur noch rund 66,67 Dollar, macht er mit dem ersteigerten 88, 92 oder 93 Dollar in Bitcoin für 100 CUC immer noch einen guten Schnitt.
Rund 300 bis 400 Nutzer hat BitRemesas derzeit. Tendenz steigend, so García. Auf Kuba sind es insgesamt geschätzt 10.000 Menschen, die Kryptowährungen nutzen. Es gebe recht viele Überweisungen, oft aber in Kleinbeträgen von 10, 15 oder 20 US-Dollar, erzählt García. "Manchmal auch 100 US-Dollar, aber generell sind es eher kleine Summen."
Da im Gegensatz zu Western Union oder Banken keine Gebühren anfallen, können die Leute auch Kleinbeträge schicken. Garcías Plattform kassiert eine geringe Marge der jeweiligen Kyptowährung. Und der- oder diejenige, die die jeweilige Menge Kryptogeld ersteigert, erhält eine alternative Währung im Tausch gegen die international nicht verwendbare lokale Währung CUC. Für García "eine Win-win-win-Situation".
"Komplett deregulierte Plattform"
"Die Kryptowährungen bieten uns gewisse Freiheiten, die wir normalerweise nicht haben, da die Verwendung von Finanzinstrumenten wie Visa, Mastercard, Paypal oder anderer Bezahlmechanismen für Kubaner schwierig ist." Für García ist das der große Vorteil von Kryptowährungen allgemein und BitRemesas im Speziellen. "Es ist eine komplett deregulierte Plattform. Es gibt niemanden, der sie blockieren oder sanktionieren kann, da Kryptogeld nicht reguliert werden kann und BitRemesas auf Kryptowährungen basiert."
Nicht einmal das US-Justizministerium habe eine rechtliche Handhabe. Die jahrzehntelange US-Blockade schneidet Kubaner von konventionellen internationalen Zahlungssystemen und Finanzmärkten ab. Bewohner der Insel erhalten keine international einsetzbaren Kredit- oder Debitkarten. Die US-Sanktionen gegen das kubanische Finanzinstitut Fincimex, die zur Schließung der Western Union-Filialen auf der Insel führten, sind nur die letzte einer langen Liste von Maßnahmen Washingtons gegen Kubas Finanzsektor.
"Immer mehr Kubaner verwenden Kryptowährungen, um im Internet einzukaufen oder Dienstleistungen zu bezahlen", sagt García. Er habe noch andere Ideen, wie das Bezahlen der Stromrechnung, das Aufladen des Handyguthabens, oder ähnliches mithilfe von Kryptowährungen. "Es ist eine alternative Währung, zu der wir in Kuba Zugang haben, und die uns neue Möglichkeiten bietet."