Birma gaukelt Demokratie vor
31. Januar 2011Als in Birma zum letzten Mal ein Parlament tagte, war Deutschland noch nicht wiedervereinigt: Bis 1988, unter dem damaligen Diktator Ne Win, hatte das Land ein Ein-Parteien-Parlament, doch nachdem die Demokratiebewegung gewaltsam niedergeschlagen wurde, hatten die Militärs auch das Abgeordnetenhaus aufgelöst. Auch den Wahlsieg der oppositionellen "Nationalen Liga für Demokratie" (NLD) unter Führung der Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi im Jahr 1990 hatten die Machthaber nie anerkannt.
Das Ergebnis stand vorher fest
Nun gibt es also wieder Abgeordnete in Birma: Am Montag (31.01.2011) um Punkt 8.55 Uhr Ortszeit begann die erste Sitzung der beiden Kammern des neuen Parlamentes in Birmas Hauptstadt Naypyidaw. Doch einer echten Demokratie ist das Land in den vergangenen 22 Jahren trotzdem nicht entscheidend nähergekommen: Schon die Wahl am 7. November 2010 hatten UNO und etliche ausländische Beobachter als "Farce" bezeichnet. Die Kritiker monierten, die Militärs wollten ihrem Machtanspruch lediglich einen legitimen Anstrich geben. Oppositionelle, die am Urnengang teilgenommen hatten, beschwerten sich über massiven Wahlbetrug. Die mittlerweile zwangsaufgelöste NLD hatte zum Boykott der Abstimmung aufgerufen.
Aus gutem Grund: Denn die Wahl war von Beginn an ein abgekartetes Spiel: Ein Viertel aller Sitze war für Angehörige der Armee reserviert. Das von der Junta erlassene Wahlgesetz verbot eine Kandidatur der damals unter Hausarrest stehenden Suu Kyi und anderer politischer Gefangener. Andere Oppositionspolitiker mussten hohe Gebühren zahlen, um überhaupt zur Wahl zugelassen zu werden – Geld, das ihnen später für einen effektiven Wahlkampf fehlte. Außerdem sahen sich viele eigenen Angaben zufolge massiven Drohungen ausgesetzt. So konnte sich am Ende die von der Junta unterstützte Partei "Union Solidarität und Entwicklung" (USDP) ungefährdet zum Wahlsieger erklären. Insgesamt besitzen die Militärs in beiden Kammern so eine satte Mehrheit von rund 80 Prozent aller Sitze.
Tagung hinter verschlossenen Türen
Auch die Arbeitsfelder des birmanischen Parlaments sind nicht mit denen westlicher Abgeordnetenhäuser zu vergleichen: Nach der neuen Verfassung von 2008 müssen sich die Abgeordneten nur einmal jährlich treffen. Ihre Hauptaufgabe ist es, den künftigen Präsidenten zu benennen. Regionalen Medien zufolge wird entweder Juntachef Than Shwe selbst für das Amt gehandelt oder sein enger Vertrauter General Thura Shwe. Die erste Sitzung des neuen Parlamentes sowie die zeitgleich angesetzten konstituierenden Sitzungen von 14 Regionalparlamenten fanden laut Beobachtern hinter verschlossenen Türen statt. In Naypyidaw herrschten rund um das Abgeordnetenhaus strenge Sicherheitsvorkehrungen. Jedes Fahrzeug, das auf das Parlamentsgelände in Naypyidaw fuhr, wurde nach Bomben durchsucht. Reportern war der Zutritt verboten.
Den Abgeordneten des neuen Parlamentes ist es grundsätzlich verboten, Kameras, Handys, Computer, Aufnahmegeräte und andere elektronische Geräte mit ins Parlament zu bringen. Ihnen wird Rede- und Meinungsfreiheit garantiert, solange ihre Worte nicht die nationale Sicherheit und Einheit des Landes gefährden. Jede Protestaktion innerhalb des Parlamentsgebäudes wird mit bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet. Birma wird seit 1962 von Militärs regiert. Immer noch sitzen in dem südostasiatischen Land mindestens 2.200 politische Gefangene hinter Gittern. Oppositionsführerin Suu Kyi selbst war erst kurz nach der Abstimmung im November 2010 aus einem langjährigen Hausarrest entlassen worden.
Autor: Thomas Latschan (afp, dpa, epd)
Redaktion: Esther Felden