Bildergeschichten: Ein bisschen Frieden
17. April 2014Sonntägliche Spaziergänge mit der Familie stoßen bei Kindern nicht unbedingt immer auf Begeisterung. Auch in diesem Falle hat man den Eindruck, dass die Eltern deutlich mehr Freude an der kollektiven Bewegung haben als der Nachwuchs. Sie haben sich 1970 in München zur Teilnahme an einem Ostermarsch entschlossen. "Mit Mutti und Vati für den Frieden" verkündet das Plakat des Kindes. Die gute Friedenslaune der Erwachsenen kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Münchener Marsch nur noch ein Nachzügler ist: Die bisherige Ostermarschbewegung hat sich nämlich zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst.
Ihre Wurzeln hatte die Protestbewegung in der Debatte um die Wiederbewaffnung und die atomare Aufrüstung in den 1950er Jahren. Vielen Friedensbewegten wird dabei die britische "Campaign for Nuclear Disarmament" ein Vorbild gewesen sein, die 1959 in London einen Ostermarsch organisiert hatte. Nach diesem Vorbild protestieren 1960 in der Bundesrepublik erstmals rund 1.000 Ostermarschierer gegen die Stationierung von Raketen in der Nähe der niedersächsischen Stadt Celle.
Dieser Protest trifft einen Nerv der Zeit – und immer mehr Westdeutsche nutzen fortan die Osterzeit für Demonstrationen. 1964 nehmen schon 100.000 daran teil, 1968 sind es 300.000. Doch dieser Höhepunkt markiert zugleich der Beginn des Zerfalls: Die immer stärker werdende Studentenbewegung dominiert bald mit ihren politischen Forderungen und ihrem Selbstverständnis als außerparlamentarische Opposition die thematisch deutlich enger ausgerichtete Ostermarschbewegung. Daran zerbricht diese 1968. Formell besteht sie bis 1972, bis zu diesem Zeitpunkt finden nur noch vereinzelt kleinere Märsche statt.
Erst 1982 kommt es zu einer Renaissance: Im Zeichen von NATO-Doppelbeschluss und Nachrüstung kommen nun jährlich Hunderttausende zusammen, der Ostermarsch wird zu einem Kernstück der erstarkenden Friedensbewegung. Wenngleich heute die Teilnehmerzahlen wieder überschaubar geworden sind, die alten Parolen bleiben aktuell. Das gilt auch für "Mit Mutti und Vati für den Frieden" - wenn auch in etwas modernisierte Sprache. Überdies wird bei den Aktionen in diesem Jahr an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erinnert – und die Aktualität militärischen Vorgehens nach den Ereignissen auf der Krim thematisiert. Die Ostermärsche und ihr Anliegen sind längst noch nicht Geschichte.