Bilderbuch-Museum im Märchenschloss
11. März 2002"Das hier ist ein Museum fast wie aus dem Bilderbuch". Die acht Jahre alte Melanie Kanter aus Siegburg kommt mindestens einmal im Monat mit ihrer Großmutter nach Troisdorf, um in der roten Burg Wissem in alten und neuen Bilderbüchern zu schmökern.
Rotkäppchen
Seit einigen Wochen dreht sich in dem europaweit einmaligen Museum in der Nähe von Bonn alles um eine weibliche Märchenfigur, die nicht zu übersehen ist: Rotkäppchen. Das schweizer Ehepaar Elisabeth und Richard Waldmann hat dem Museum mit seiner Rotkäppchen-Sammlung einen in 30 Jahren zusammengetragenen Schatz vermacht. Das "einzigartige Ensemble" umfasst nach Angaben von Museumsdirektorin Maria Linsmann rund 800 Bücher, Gemälde, Zeichnungen und Graphiken bekannter Kinderbuchillustratoren rings um das Märchen vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Neben europäischen Dokumenten zu der Thematik, die teils bis zu 200 Jahre alt sind, gibt es auch Sammlungsstücke aus China, Korea und Russland. "Rotkäppchen war ihr Leben", sagte die Museumsdirektorin. Das seit 1982 bestehende Museum habe sich verpflichtet, die Rotkäppchen-Sammlung weiter auszubauen.
Die Original-Illustrationen sind der wahre Schatz
Insgesamt 18.000 Bilderbücher gibt es in dem Wasserschloss aus dem 19. Jahrhundert. Das in einer idyllischen Parkanlage gelegene Museum, das in diesem Jahr 20 Jahre alt wird, will nach den Worten der Museumsleiterin "die Kinder zu den Büchern zurückführen". Die Burgherrin, selbst Mutter dreier Kinder, ist besonders stolz auf die zahlreichen Original-Illustrationen. Zudem wird ein Einblick gegeben in die Geschichte der Illustrationskunst, in Märchen und Fabeln, Natur- und Phantasie-Erzählungen. Eine Pippi-Langstrumpf-Figur aus Karton weist in kindgerechter Sprache den Weg durch das Museum. Große rote Sofas mit vielen bunten Flecken erinnern an das Häuschen vom kleinen Bär und vom kleinen Tiger aus den Janosch-Büchern und laden zum Vorlesen ein. Die Präsenzbibliothek der "Burg Wissem" umfasst rund 12.000 moderne Bilderbücher.
Auftrag und Entstehung des Museums
Maria Linsmann und ihre Mitarbeiter haben es sich zur Aufgabe gesetzt, der Kinderbuch-Illustration neue Aufmerksamkeit zu verschaffen. "Wir wollen sammeln, bewahren, forschen und vermitteln." Die Gründung des Museums 1982 ist laut Linsmann auf die Schenkung einer kostbaren Sammlung mit rund 2.000 historischen Bilderbüchern von der Renaissance bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückzuführen. "Wir versuchen den Spagat zwischen Spezial- und Familienmuseum. Zu unserer Kundschaft zählen Fachleute, Sammler und bibliophil Interessierte ebenso wie Schul- und Kindergartenkinder", sagt die Museumschefin. Neben dem grenzenlosen Schmökern bieten die Experten in Burg Wissem Ausstellungen zu einzelnen Autoren wie Helme Heine, Janosch, Leo Lionni oder Lilo Fromm. Im vergangenen Jahr konnte das Museum 62.000 Gäste begrüßen.
Übergabe des Bilderbuchpreises
Doch nicht nur Bilderbücher und ihre Zeichnungen werden im Bilderbuch-Museum gewürdigt. Am 10. März wird hier zum inzwischen 14. Mal der Troisdorfer Bilderbuchpreis übergeben. Er zeichnet herausragende Leistungen auf dem Gebiet der künstlerischen Bilderbuch-Illustration aus. Der mit 7.500 Euro dotierte Preis geht an die in Frankreich lebende Illustratorin Susanne Janssen. Die Jury wählte ihr Rotkäppchen-Buch einstimmig aus mehr als 100 Einsendungen aus. Janssen wage mit ihrem mutigen Buch einen neuartigen, ungewöhnlichen Blick auf den beliebten Märchen-Klassiker. Verbunden mit der Preisübergabe ist eine Ausstellung mit Arbeiten aller Einsendungen. Die Schau ist bis 21. April im Bilderbuchmuseum auf Burg Wissem in Troisdorf zu sehen. (pf)