Denise Herrmann: "Wusste, dass ich es kann"
7. Februar 2022Das Einzelrennen ist eigentlich so gar nicht das Ding von Denise Herrmann. Sprint, Verfolgung, Massenstart, diese Disziplinen kommen ihren Qualitäten viel besser zu pass. Alles, wo es nicht so sehr aufs Schießen, sondern auf das Leistungsvermögen in der Loipe ankommt. Schließlich war sie erst 2016 ins Lager der Biathletinnen gewechselt nach einer schon recht erfolgreichen Karriere als Skilangläuferin. Und am Schießstand hat sie sich schon so manchen großen Erfolg vermasselt. So aber war der Weltmeistertitel in der Verfolgung 2019 der einzige große Einzeltitel bisher.
In Peking, beim Saisonhöhepunkt, zeigte sie aber der Welt, wovon sie selbst schon lange überzeugt ist: "Ich wusste, dass ich es kann, auch das Schießen. Ich war immer für mich da, und das ist jetzt gut aufgegangen", analysierte die 33-Jährige das Rennen im ZDF-Interview. Nur einmal, bei der dritten von vier Schießeinlagen, verfehlte sie eine Scheibe. Die eine Strafminute konnte Herrmann dank einer überragenden Vorstellung in der Loipe locker kompensieren.
"Auf die Fresse gekriegt"
Am Ende hatte die gebürtige Sächsin, die längst in der bayerischen Biathlon-Hochburg Ruhpolding lebt und trainiert, 9,4 Sekunden Vorsprung vor der Französin Anais Chevalier-Bouchet. Bronze ging mit weiteren sechs Sekunden Rückstand an Marte Olsby Röiseland aus Norwegen. Und fast hätte es die nächste Sensation aus deutscher Sicht gegeben: Olympia-Newcomerin Vanessa Voigt verpasste das Podest nur um 1,3 Sekunden. Beide, Voigt und Herrmann, hatten zum Auftakt der Biathlon-Wettbewerbe am Samstag in der Team-Staffel am Schießstand schwer gepatzt und damit sämtliche Medaillenchancen verspielt. Und Herrmann hatte, wie sie zugab, wie so oft in diesem Jahr "ordentlich auf die Fresse gekriegt". Dennoch sei sie sehr entspannt gewesen vor diesem Wettbewerb.
Mit Startnummer acht ins Rennen gegangen, absolvierte sie die ersten Runden dosiert, ließ sich am Schießstand Zeit und brachte so einen am Ende souveränen Sieg ins Ziel. "Das ist ein traditioneller Wettkampf, und das ich es geschafft habe, macht mich glücklich. Mir fehlen echt die Worte", freute sie sich nach einer unendlich langen Wartezeit. Dann aber herzte sie jeden, vergoss Freudentränen und fing langsam an zu begreifen, was sie geleistet hatte - nach Bronze mit der Langlauf-Staffel 2014 bei den Olympischen Spielen von Sotschi nun also Gold im ältesten und ursprünglichsten aller Biathlon-Rennen.