BGH urteilt: Dashcam-Aufnahmen vor Gericht zulässig
15. Mai 2018Aufzeichnungen von Videokameras im Auto dürfen zur Aufklärung von Unfällen von Gerichten ausgewertet werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil entschieden. Somit bewerteten die Richter das Interesse des Unfallgeschädigten an Aufklärung höher als das Datenschutzinteresse und das Recht am eigenen Bild des Unfallgegners. Die Verwertung sogenannter Dashcam-Aufzeichnungen ist laut Urteil möglich, weil nach einem Verkehrsunfall sowieso Offenbarungspflichten der Beteiligten gälten. Nach einem Unfall müssten die Gegner Angaben zu ihrer Person machen sowie ihre Adresse und Versicherung nennen.
Wer verließ seine Spur?
Im konkreten Fall hatte ein Autofahrer aus Sachsen-Anhalt wegen eines Verkehrsunfalls Schadensersatz von dem Unfallgegner gefordert. Die Autos waren innerhalb einer Ortschaft beim Linksabbiegen auf zwei Linksabbiegerspuren seitlich zusammengestoßen. Welcher der beiden Fahrer in die Spur des anderen geraten war, konnte nicht geklärt werden; die Fahrer beschuldigten sich gegenseitig. Einer der beiden hatte auf seinem Armaturenbrett eine Dashcam installiert, die das Geschehen aufgezeichnet hatte.
Der vom Amtsgericht Magdeburg beauftragte Sachverständige konnte den Unfallhergang nicht aufklären. Auch Zeugenaussagen brachten keine weiteren Hinweise über den Unfallverursacher. Dem Kläger wurde daraufhin die Hälfte des Gesamtschadens als Schadensersatz zugesprochen. Dieser wollte jedoch weitere 1.330 Euro erstreiten und verlangte, dass auch die Videoaufnahmen, die er mit seiner im Auto befestigten Dashcam angefertigt hatte, als Beweismittel zu verwerten. Das Amtsgericht und das Landgericht Magdeburg hatten das Beweismittel allerdings nicht zugelassen, weil das Filmen die Persönlichkeitsrechte verletze und gegen den Datenschutz verstoße.
Jeder hätte es sehen können
Der BGH hob dieses Urteil nun auf und verwies das Verfahren an das Landgericht zurück. Zwar seien anlasslose und permanente Videoaufzeichnungen datenschutzrechtlich unzulässig, da betroffene Personen nicht in die Aufnahmen eingewilligt haben. Diese hätten sich aber in den öffentlichen Raum begeben und sich damit der "Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt", urteilten die Richter. Dennoch könnten Datenschutzbehörden in solch einem Fall Geldbußen verhängen. Dies führe aber nicht automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot. Vielmehr sei eine Interessenabwägung geboten. Der konkrete Fall wurde an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen, das nun die Kameraaufzeichnungen auswerten muss, um den Unfallverursacher festzustellen.
sam/sti (dpa, epd, rtr)