BGH erlaubt anonyme Bewertungen im Internet
23. Juni 2009Das Persönlichkeitsrecht eines Lehrers werde durch die Benotungen auf spickmich.de nicht verletzt, entschied das Karlsruher Gericht am Dienstag (23.06.2009). Die Richter hatten über die Klage einer Lehrerin aus Moers zu befinden. Sie war von anonymen Nutzern des Internetportals spickmich.de bewertet worden.
Am Pranger?
Die Pädagogin sah durch die Benotung ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Sie sehe sich damit öffentlich an den Pranger gestellt, gab die Lehrerin an, die auch von der Gewerkschaft GEW unterstützt wurde. Sie verlangte eine Unterlassungserklärung und forderte, dass ihre Daten auf der Bewertungsplattform gelöscht werden.
Das Recht der Nutzer von spickmich.de auf Meinungsaustausch und freie Kommunikation überwiege das Recht der klagenden Lehrerin auf informationelle Selbstbestimmung, heißt es in dem Urteil des Zivilsenats des BGH. Die Bewertungen auf spickmich.de stellten Meinungsäußerungen dar, welche die berufliche Tätigkeit der Klägerin beträfen. In solchen Fällen habe der Einzelne grundsätzlich nicht den gleichen Schutz wie etwa bei einem Eingriff in die Privatsphäre. Die von den Nutzern der Onlineplattform abgegebenen Bewertungen seien "weder schmähend noch der Form nach beleidigend".
Anonymität ist kein Hinderungsgrund
Die Richter sahen weder ein Problem darin, dass die Bewertungen anonym abgegeben wurden, noch darin, dass selbst den Anbietern von spickmich.de die Urheber der Bewertungen unbekannt sind. Die Registrierung bei dem Portal erfolgt nach Eingabe des Namens einer Schule, des Schulortes, eines Benutzernamens und einer E-Mail-Adresse. Eine Überprüfung dieser Angaben erfolgt demnach ebenso wenig, wie die Verhinderung von Mehrfachanmeldungen durch einzelne Nutzer, die auf diesem Weg die "Notenvergabe" manipulieren könnten. Dies mache die Bewertungen jedoch nicht unzulässig, urteilt der BGH, "weil das Recht auf Meinungsfreiheit nicht an die Zuordnung der Äußerung an ein bestimmtes Individuum gebunden ist".
Das höchste deutsche Zivilgericht hat damit erstmals über die Zulässigkeit solcher Lehrerzensuren entschieden. Es betonte, es handele sich "um einen Einzelfall". Dieser sei nicht grundsätzlich auf Bewertungsportale im Internet übertragbar.
Auch AOK plant Bewertungsportal
Eine weitere Bewertungsplattform im Internet ist bereits in Planung. So hat die Krankenkasse AOK angekündigt, ab 2010 auf ihrer Internetseite einen "AOK-Arzt-Navigator" für ihre 24 Millionen Versicherten bereitzustellen. Dort sollen die Versicherten die Möglichkeit bekommen, Leistung und Service niedergelassener Ärzte zu benoten. (mas/gri/dpa/afp)