UN-Mandat im Kongo
2. Juli 2012Der Kongo kommt nicht zur Ruhe. Es geht um politischen Einfluss, Land und Bodenschätze. Besonders von den Kämpfen betroffen: die Provinz Nord-Kivu. "Die Menschen hier befinden sich mitten in einem Krieg, es herrscht Terror. Viele Menschen flüchten, andere werden getötet, Dörfer in Brand gesteckt", sagt Moustapha Mwiti, der die zivilgesellschaftlichen Organisationen in Kivu koordiniert.
Rebellenführer Ntaganda - Unterstützung aus Ruanda?
Im April meuterte ein Teil der kongolesischen Armee, gründete die Rebellengruppe M23 und kämpft seitdem gegen die Regierungstruppen. Hinter der Meuterei steht Bosco Ntaganda. Als Führer der Tutsi-Rebellengruppe "Nationalkonkress zur Verteidigung des Volkes", kurz CNDP, ließ er sich nach einem Friedensabkommen mitsamt seinen Kämpfern in die kongolesische Armee integrieren. Dort diente er als General – obwohl ein Haftbefehl des internationalen Strafgerichtshof gegen ihn vorliegt. Aus Sorge, doch noch von der kongolesischen Regierung verhaftet zu werden, meuterte Ntaganda.
Seine M23-Rebellen halten die Regierungstruppen nun schon seit Monaten in Schach - deshalb glauben die kongolesische Regierung und die UN, dass sich das Nachbarland Ruanda in den Konflikt eingemischt hat. "Das ist eine sehr ernstzunehmende Anschuldigung und es gibt viele Hinweise darauf, dass sie wahr ist", sagt auch Thierry Vircoulon, Kongo-Experte der NGO "International Crisis Group". Gerade mal 200 bis 300 Soldaten der kongolesischen Armee hätten sich Ntaganda angeschlossen, erklärt Vircoulon. Dennoch würden sie es bis heute schaffen, sich der militärisch überlegenen kongolesischen Armee zu widersetzen. Dies sei nur möglich, weil die Meuterer Unterstützung aus Ruanda bekämen.
Die ruandische Regierung dementierte jegliche Einmischung: Ruanda solle nicht als Sündenbock herhalten, um von den internen Problemen der Demokratischen Republik Kongo abzulenken, schrieb Ruandas Außenministerin Louise Mushikiwabo kürzlich auf Twitter.
Gier nach Bodenschätzen
Ruandas Interessen im Osten des Kongo haben eine lange Geschichte – sie beginnt mit dem Genozid an ruandischen Tutsi im Jahr 1994. Die Regierung in der ruandischen Hauptstadt Kigali war seitdem an mehreren Kriegen im Kongo beteiligt und unterhält bis heute enge Beziehungen zu den Tutsi in der ostkongolesischen Kivu-Region – ein Gebiet, das reich an Bodenschätzen ist. "Kigali verfolgt Sicherheitsinteressen und wirtschaftliche Interessen im Kivu-Gebiet", sagt Kongo-Experte Vircoulon. Alle Bodenschätze aus Nord-Kivu würden über Kigali exportiert, viele Tutsi-Geschäftsleute im Kongo verdienten mit der Förderung von Bodenschätzen ihr Geld und arbeiteten eng mit Ruanda zusammen.
Die Bodenschätze – das sind vor allem Coltan und Edelsteine. Sie verleihen dem Konflikt eine wirtschaftliche Dimension, denn Regierung und Rebellen kämpfen nicht zuletzt um die Kontrolle von Land und Bodenschätzen. Rebellenchef Ntaganda, selbst Tutsi, baute sich durch Rohstoffschmuggel ein riesiges Wirtschaftsimperium auf. Auch das steht nun auf dem Spiel.
Neue Aufgaben für die Blauhelme?
Seit 1999 unterstützt eine UN-Friedensmission die kongolesische Armee. Über 22.000 Blauhelm-Soldaten der "Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo", kurz MONUSCO, haben den Auftrag, den Schutz der Zivilbevölkerung im Land sicherzustellen. Mit mäßigem Erfolg. Vor allem die Mobilität der Truppen in einem Gebiet ohne Straßen und Kommunikationsmöglichkeiten sei ein Problem, sagt MONUSCO-Sprecher Madnodje Mounoubai. "Manchmal passiert etwas nur fünf oder zehn Kilometer von dort entfernt, wo wir stationiert sind. Aber bis wir davon wissen, vergehen manchmal mehrere Stunden. Das heißt, bis wir reagieren können, sind die Rebellen längst über alle Berge", so Mounoubai.
Die Wogen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda glätten, Bosco Ntaganda verhaften und vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen, Zivilisten ein Leben in Frieden ermöglichen – die Probleme der Kivu-Region sind komplex. Angesichts der neuen Herausforderungen im Rebellengebiet wird die Arbeit von MONUSCO nicht einfacher werden.
Am Mittwoch (27.6.2012) hat der UN Sicherheitsrat entschieden, das Mandat um ein Jahr zu verlängern. Ruanda wird in dem Dokument nicht explizit benannt. Es verurteilt jedoch jegliche externe Unterstützung bewaffneter Gruppen und fordert, dass alle bewaffneten Gruppen umgehend alle Formen von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Zivilbevölkerung einstellen. Die UN hat nun weitere zwölf Monate Zeit, zu beweisen, dass sie es mit ihren Forderungen ernst meint.