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Schutzengel oder Killermaschine?

Sven Pöhle2. Juli 2014

Deutschland debattiert über Kampfdrohnen. Militärs betonen ihren Nutzen, Kritiker halten sie für unverantwortliche Killermaschinen. Was können Kampfdrohnen, wer besitzt sie und warum sollte man sie (nicht) einsetzen?

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Eine Drohne vom Typ Heron wird im Feldlager der Bundeswehr in Masar-i-Scharif in Afghanistan nach ihrer Rückkehr von einem Aufklärungsflug in den Hangar gezogen. Foto: Michael Kappeler/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Was sind "Kampfdrohnen"?

Der politische Begriff Kampfdrohne beschreibt ein bewaffnetes, unbemanntes Luftfahrzeug (Unmanned Combat Aereal Vehicle, UCAV). Drohnen können lange Zeit über einem bestimmten Ort schweben oder Personen verfolgen. Kameras übertragen Bilder in die jeweiligen Kommandozentralen. Gesteuert werden sie normalerweise aus der Ferne von einem Soldaten. Einige Drohnen starten und landen bereits völlig eigenständig, fliegen vorprogrammierte Routen und führen ohne menschliches Zutun bestimmte Manöver in der Luft durch.

Eine iranische Kampfdrohne Typ "Shahed 129" (Zeuge 129) (Foto: Taher Shir Mohammadi/Fars Agency)
Eine iranische Kampfdrohne Typ "Shahed 129"Bild: Fars Agency

Welche Staaten besitzen bewaffnete Drohnen?

Mehrere Länder verfügen bereits über bewaffnete Drohnen - am bekanntesten sind die US-Drohnen vom Typ "Predator" (Raubtier) und die größere "Reaper" (Sensenmann). Von den USA, Israel und Großbritannien ist bekannt, dass sie diese bei militärischen Operationen eingesetzt haben. Auch andere Staaten wie Frankreich, China, Russland und Indien verfügen über bewaffnungsfähige Drohnen oder arbeiten an ihrer Entwicklung. Die Bundeswehrflotte umfasst rund 600 unbewaffnete Drohnen zu Aufklärungszwecken. Für den Einsatz in Afghanistan nutzt sie geleaste Heron-Drohnen aus Israel. Bewaffnete unbemannte Luftfahrzeuge besitzt sie nicht.

Plant die Bundeswehr die Beschaffung bewaffneter Drohnen?

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" dafür ausgesprochen, der Bundeswehr künftig bewaffnungsfähige Drohnen zur Verfügung zu stellen. Komme es zu einem Kampfeinsatz, hätte das Parlament dann die Option, "mit dem Mandat und auf den konkreten Fall bezogen auch die Frage der Bewaffnung der Drohne zum Schutz der entsandten Truppen zu entscheiden", sagte die Ministerin.Mittelfristig sprach sich die CDU-Politikerin für die Entwicklung einer europäischen Drohne aus. Ein derartiges Modell kann allerdings nicht vor 2020 fertiggestellt werden. Als Übergangslösung bevorzugt von der Leyen offenbar ein Leasing-Modell: Wenn der Vertrag für die israelischen Heron-Drohnen ausläuft, sollen unbewaffnete, aber nachrüstbare Drohnen angemietet werden.

Warum ist der Einsatz von bewaffneten Drohnen so umstritten?

Die Beschaffung oder der Einsatz bewaffneter Drohnen ist aus vielen Gründen in der Diskussion. Dazu gehören rechtliche und sicherheitspolitische sowie ethische Fragen. Das Image bewaffneter Drohnen ist schlecht. Dies liegt auch an den völkerrechtlich fragwürdigen Einsätzen bewaffneter Drohnen durch den US-Geheimdienst CIA im Jemen, in Somalia oder im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Das sogenannte "targeted killing", das gezielte Töten mutmaßlicher Terroristen per Drohne, lehnt die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ebenso wie die Bundeswehrführung ab.

Ist der Einsatz von bewaffneten Drohnen mit dem Völkerrecht vereinbar?

Nach den Prinzipien des humanitären Völkerrechts spricht nichts gegen bewaffnete Drohnen als System - es kommt darauf an, wie dieses System eingesetzt wird. In bewaffneten Konflikten gelten unmittelbar an Kampfhandlungen teilnehmende Personen als legitime Ziele. Der Einsatz einer bewaffneten Drohne wäre in diesem Fall rechtlich nicht anders zu bewerten als der Einsatz von Artillerie. Außerhalb eines bewaffneten Konflikts sind Tötungen grundsätzlich zunächst nicht rechtmäßig. Inwieweit ein bewaffneter Konflikt vorliegt, ist allerdings umstritten. Die USA rechtfertigt beispielsweise den Einsatz der UCAVs mit dem nicht internationalen bewaffneten Konflikt gegen den weltweiten Terrorismus, in dem man sich befände.

Amerikanische Drohne über Afghanistan (Foto: picture-alliance/AP)
Lautlose Killer? US-Drohne über AfghanistanBild: picture-alliance/AP

Welche Gründe sprechen für die Anschaffung bewaffneter Drohnen?

Aus Sicht der Militärs sind bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr unverzichtbar. Drohnen dienen ihrer Meinung nach dem bestmöglichen Schutz der Soldaten und liefern taktische und operative Vorteile. Sie können eine deutlich längere Einsatzzeit abdecken als vorhandene Mittel wie Kampfjets oder -hubschrauber. Neben den Aufklärungsflügen können sie - falls nötig - schnell in das Kampfgeschehen eingreifen. Der Steuerer der Drohne sitzt weit weg vom Kriegsschauplatz und ist nicht in unmittelbarer Gefahr. Prinzipiell seien UCAVs "ethisch neutrale" Waffen, so die Militärs. Man setze sie nicht anders ein als beispielsweise Kampfjets. Dabei halte man sich an den Auftrag des Parlaments sowie an Recht und Gesetz. Die bewaffneten Drohnen sollen zudem ein höheres Maß an Präzision als andere Waffensysteme ermöglichen.

Welche Argumente sprechen dagegen?

Drohnen-Gegner befürchten, dass der Besitz bewaffneter Drohnen die Hemmschwelle für ihren Einsatz verringere: Der Verlust von Material unterliege gerade in demokratischen Staaten nicht dem gleichen Legitimationsdruck wie der Verlust von Soldatenleben. Zudem bestehe die Gefahr, dass sie völkerrechtswidrig als "Hinrichtungsinstrumente" eingesetzt werden. So denn ein Bedarf der Bundeswehr für Luftnahunterstützung bestehe, könne dieser auch mit bestehenden Mitteln wie Kampfhubschraubern oder Kampfjets abgedeckt werden, meinen einige Kritiker. Hinzu kommt die Befürchtung, dass die mit hochkomplexen Computersystemen bestückten Drohnen irgendwann einmal völlig selbstständig über Leben oder Tod entscheiden könnten. Fachleute gehen davon aus, dass es in Zukunft zu einem Rüstungswettlauf mit Drohnen kommen kann.