Betroffenheit in Fußball-Deutschland
7. Oktober 2015Nach der Bekanntgabe der Alzheimer-Erkrankung des deutschen Rekordstürmers Gerd Müller herrscht große Betroffenheit. Ganz Fußball-Deutschland bringt dem einstigen "Bomber der Nation" und seiner Familie gegenüber seine Anteilnahme und sein Mitgefühl zum Ausdruck. Seit Anfang Februar stehe Müller unter professioneller Betreuung, teilte der FC Bayern München am Dienstag mit. Wenige Wochen vor seinem 70. Geburtstag am 3. November bitten der deutsche Fußball-Rekordmeister und die Familie des Weltmeisters von 1974 um Verständnis, dass es keine öffentlichen Auftritte anlässlich des Jubiläums geben werde.
Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge betonte in der Mitteilung: "Gerd, für den Werte wie Freundschaft und Fairplay von Bedeutung waren und sind, hat es verdient, dass wir alle rücksichtsvoll mit seiner Erkrankung umgehen und seine Privatsphäre und die seiner Familie respektieren." Dies sei der ausdrückliche Wunsch der Familie von Müller und auch seines langjährigen Clubs in München.
Teil der Bayern-Familie
Müller war über viele Jahre ins Vereinsleben an der Säbener Straße integriert, zuletzt als Co-Trainer der Amateurmannschaft. "Trotz unübersehbarer Zeichen seiner Erkrankung wurde er von der Bayern-Familie, den Fans und Medien mit Sympathie und großem Respekt behandelt", sagte sein behandelnder Arzt Hans Förstl. "Das war sehr wichtig, weil es jedem Menschen mit einer beginnenden Alzheimer-Demenz nur zu wünschen ist, dass er sich so lange wie möglich in seinem vertrauten Umfeld, in dem er sich wohl fühlt, aufhalten kann."
Für den Aufstieg des deutschen Branchenprimus war Müller nach Einschätzung vieler Weggefährten ähnlich wichtig wie "Kaiser" Franz Beckenbauer oder der langjährige Erfolgsmanager Uli Hoeneß. "Ohne die Tore von Gerd Müller wäre der FC Bayern nicht das, was er heute ist. Das, was der FC Bayern heute darstellt, mit diesem Palast an der Säbener Straße, ich glaube, ohne Gerd Müller wären sie heute noch in dieser Holzhütte von damals", sagte Beckenbauer. "Gerd Müller ist einer der ganz Großen des Weltfußballs", sagte Rummenigge. "Gerd war ein Torjäger, wie es ihn vermutlich nicht mehr geben wird, und bei allen Erfolgen ist er stets bescheiden und zurückhaltend geblieben, was mich besonders beeindruckt hat."
"Geht mir an die Nieren"
Auch Nationalspieler Thomas Müller äußerte sich betroffen über die Alzheimer-Erkrankung seines Vorbildes und Namensvetters. "Die Krankheit von Gerd geht mir natürlich an die Nieren", sagte der Weltmeister der "Bild"-Zeitung. Er bezeichnete seinen Vorgänger beim FC Bayern als "großartigen Menschen". Seine Torquote werde in Deutschland niemand mehr erreichen. Dennoch sei Gerd Müller total bescheiden geblieben und habe sich darauf nie etwas Besonderes eingebildet. "Gerd ist einer der herzlichsten Menschen, die ich kenne", umschrieb Thomas Müller den "Bomber der Nation".
Gerd Müller wurde mit der deutschen Auswahl Welt- und Europameister, mit dem FC Bayern viermal deutscher Meister, viermal DFB-Pokalsieger und dreimal Champion im Europapokal der Landesmeister. Mit 365 Treffern in 427 Partien ist er nach wie vor Rekordtorschütze der Bundesliga. Außerdem gelang es dem gebürtigen Nördlinger aus Schwaben in der Saison 1971/72 als bislang einzigem Profi, 40 Tore in einer Liga-Spielzeit zu erzielen. Seine 68 Länderspieltore wurden erst 2014 von Miroslav Klose übertroffen.
Nach der aktiven Karriere habe er seine Erfahrung für den Nachwuchs eingebracht und dadurch etwa die späteren Weltmeister Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Thomas Müller geprägt, hob Rummenigge hervor. "In der Bayern-Familie wird Gerd immer seinen festen Platz haben."
ck/cm (dpa, Bild, tz)