Bester Film aller Zeiten: Citizen Kane
17. Februar 2014Immer wieder schafft es "Citizen Kane" an die Spitzen der Bestenlisten. Bei den allermeisten Umfragen unter Kritikern eroberte Welles Film in den vergangenen Jahrzehnten Platz eins. Überraschenderweise kam das gerade erschienene Buch "Die 100 besten Filme aller Zeiten", das Listen aus den vergangenen zehn Jahren auswertet, zum gleichen Ergebnis. Das ist erstaunlich, weil viele andere Klassiker der Kinohistorie aus eben jenen Listen verschwunden oder aber im Ranking deutlich abgerutscht sind. Nicht so "Citizen Kane".
Zahlreiche filmtechnische Neuerungen
Was macht diesen Film so einzigartig? Und vor allem: Was macht ihn auch nach über 70 Jahren noch so sehenswert? Die Antwort auf die erste Frage führt zu den zahlreichen stilistischen Neuerungen, die man mit Welles' Debüt verbindet. Im Booklet der aktuell auf Blu-ray erschienenen Fassung des Films heißt es dazu: "Die Neuerungen betrafen in erster Linie den Umgang mit dem Erzählraum: Tiefenschärfe, Einsatz von Weitwinkelobjektiven, Kamerafahrten, untersichtige Kamerapositionen, Plansequenzen und teilweise expressionistische Szenenbilder."
Vereinzelt hatte es diese formalen Experimente und stilistischen Mittel in der Filmgeschichte schon zuvor gegeben. Natürlich in Hollywood selbst (beim Regisseur William Wyler zum Beispiel), auch im deutschen Kino der 1920er Jahre, in Filmen des Franzosen Abel Gance ("Napoleon") und auch im russischen "Revolutionskino" der Regisseure um Sergej M. Eisentsein.
Revolutionäre Kamerasprache
"Viele dieser so genannten neuen Techniken waren bereits zuvor in Filmen verwendet worden", heißt es dann auch in der jetzt vorliegenden restaurierten Fassung von "Citizen Kane". Bei diesem Film, der gerade noch innerhalb der filmhistorischen Retrospektive der Berliner Filmfestspiele zu sehen war, schufen der Regisseur "und insbesondere sein erfahrener Kamermann Gregg Toland damit eine neue Filmsprache." Selbst in heutigen Zeiten, in denen Hollywood, das moderne asiatische Kino sowie Fernsehen und Internet dem Zuschauer mit ganz anderen, viel schnelleren Folgen von Bildern und Tönen bombardieren, wirkt "Citizen Kane" auch formal noch modern und innovativ.
Die Antwort auf die zweite Frage, was diesen Film auch heute noch so sehenswert macht, führt direkt zum Zentrum der Filmhandlung. "Citizen Kane" ist ein Film über die Macht der Medien. Er verleiht Einblicke in die Welt des Nachrichtengewerbes, zeigt wie "News" entstehen und was man daraus alles machen kann. Es ist ein Film über einen Medienmogul, der an den Strippen der Macht sitzt und Menschen und Wirtschaft mit Hilfe der Medien zu manipulieren und beherrschen versucht.
Geschichte eines Medientycoons
Natürlich ist die Hauptfigur Kane, die sich an den amerikanischen Medienzaren William Randolph Hearst anlehnt, in erster Linie ein Zeitungskönig. Im Zeitalter des digitalen Wandels haben sich die Koordinaten verschoben. Heute schaut der moderne Zeitgenosse eher ins Internet als auf Zeitungsseiten aus Papier. Doch im Grunde genommen hat sich nur die Art des Mediums verändert. Die Mechanismen sind geblieben.
Gerade in diesen Wochen und Monaten lernen wir durch NSA-Affäre und das internationale Wettrennen um die besten Plätze in der Medienwelt, dass es vornehmlich um zwei Dinge gehet: um Macht und um Geld. So lohnt ein Blick auf diesen Film, der vor über 70 Jahren entstand, auch heute noch. Die Parallelen zur Gegenwart sind verblüffend nicht zu übersehen.
Orson Welles: Citizen Kane, USA 1941, ca. 120 Minuten, mit Orson Welles, Joseph Cotten, Agnes Moorhead u.a., als Blu-ray bei Studiocanal in einer digital aufgerüsteten Fassung erschienen. Bei den Extras sind u.a. die Dokumentationen "The Battle Over Citizen Kane" und "Orson Welles: The One Man Band", außerdem ein Audiokommentar vom Filmhistoriker Prof. Dr. Thomas Koebner. Das Buch "Die 100 besten Filme aller Zeiten" ist kürzlich beim Bertz + Fischer Verlag erschienen.