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Bestechungsaffäre schockt die Fußball-Welt

Isaac Kaledzi
8. Juni 2018

Eine aktuelle Dokumentation eines investigativen Journalisten zeigt: Ghanas Fußball-Verbandschef Kwesi Nyantakyi ist bestechlich. Und mit ihm hunderte Schiedsrichter und Funktionäre. Die Fans sind entsetzt.

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Afrika Cup Gruppe D Ghana v Mali
Ghana spielt gegen Mali im Africa Cup 2017Bild: Getty Images/AFP/J. Tallis

Der Film ist 90 Minuten lang und war mit Spannung erwartet worden. Sein Autor: Anas Aremeyaw Anas, ein investigativer Journalist, der in Ghana einen glänzenden Ruf genießt. Er enthüllt das Ausmaß der Bestechlichkeit und die Praktiken, die in die Fußballszene des westafrikanischen Landes Einzug gehalten haben.

Über den Zeitraum von zwei Jahren hat sich ein ganzes Team von Undercover-Journalisten als Fans und Offizielle ausgegeben. Mit versteckter Kamera wurden Treffen gefilmt, in denen die Reporter zum Schein Funktionäre bestochen haben. Mit dabei: Kwesi Nyantakyi, der Präsident des nationalen Fußball-Verbandes "Ghana Football Association" (GFA). Nyantakyi ist auch Mitglied des Councils des Weltverbandes FIFA und Vizepräsident des afrikanischen Fußballverbandes "Confédération Africaine de Football" (CAF). Der Film zeigt, wie Spiele gekauft werden sollten, um sich mit Geld von Sponsoren zu bereichnern, in einigen Fällen ging es um Visa für Reisen.

Nyantakyi ist in dem Film zu sehen, wie er von den Reportern einen mutmaßlichen Betrag von 65.000 Dollar (umgerechnet 55.000 Euro) annimmt, während des Gesprächs ist von einem sogenannten "sponsorship deal" die Rede. Der Verbandschef erklärt, dass er seinen Gesprächspartner sogar dabei helfen könnte, Ghanas Staatspräsident Nana Akufo-Addo zu bestechen. Ebenso den Vizepräsidenten und Minister der Regierung.

Dollarscheine in der Plastiktüte

Nachdem Akufo-Addo die Dokumentation vorab gesehen hatte, ordnete der Präsident umgehend eine Untersuchung der Vorwürfe gegen Nyantakyi an. Am Mittwoch war der Film dann öffentlich zu sehen. Der Chef des Fußballverbandes, um den es schon in der Vergangenheit immer wieder Korruptionsgerüchte gegeben hatte, war bereits Ende Mai vorübergehend festgenommen und von der Polizei zu vergleichbaren Anschuldigungen befragt worden.

Ghana Kwesi Nyantakyi | Präsident Fussballverband Ghana
Nicht zu halten: Verbandspräsident Kwesi NyantakyiBild: picture-alliance/dpa/Pressefoto ULMER/M. Ulmer

"Hier hat er etwas für Dich, Einkaufsgeld für den Moment", sagt ein Reporter, der sich als Investor ausgibt, zu Nyantakyi in einem Filmausschnitt. "Oh, ok. Gut, vielen Dank. Ich danke Ihnen sehr. Vielen Dank", antwortet der sichtlich erfreute Top-Funktionär. Dann ist zu sehen, wie er die Stapel Dollarscheine packt und sie in einen schwarzen Einkaufsbeutel aus Plastik steckt.

Dieser Clip ist in Ghana inzwischen viral. Die Reporter haben außerdem Hunderte von Schiedsrichtern, Funktionäre, Klubvorstände und -eigentümer heimlich gefilmt. In etwa 150 Fällen steht nun der Vorwurf im Raum, diese hätten sich schmieren lassen, für deutlich kleinere Summen.

Ghana Anas Aremeyaw Anas Undercover-Journalist
Mit Hut und verdecktem Gesicht: Anas Aremeyaw Anas, der Autor des Films, ist ein anerkannter investigativer JournalistBild: DW/H. Fischer

Ebrima Jallow ist eines der unrühmlichen Beispiele. Der Fußballfunktionär aus Gambia ist in dem Film zu erkennen, wie er nur wenige Stunden vor einem Spiel beim Nationen-Cup 2017 in Ghana Geld annimmt: 500 Dollar aus der Hand der verdeckten Reporter. Zu hören ist, wie er eine solche Praxis als im Weltfußball üblich bezeichnet. Der Mann hat keine Ahnung, dass er gefilmt wird, als er von sich aus das Thema zur Sprache bringt. "Das passiert doch überall. Das ist doch kein Frage von Bestechlichkeit oder ob ihr versucht, mich oder die Schiedsrichter zu bestechen. Das ist nicht wichtig. Was wichtig ist, sind die Beziehungen", sagt Jallow.

Der Schiedsrichter zieht zurück

Eine andere Szene: Range Marwa, international anerkannter Schiedsrichter, spricht mit einem der Reporter in einem Hotelzimmer. "Weißt Du, vielen Dank für das Geschenk, aber das Allerwichtigste ist doch die Freundschaft, dass wir uns besser kennen lernen", sagt Marwa. Die Filmemacher erklären, Marwa habe ein Bestechungsgeld in Höhe von 600 Dollar angenommen. Als die Vorwürfe bekannt wurden, verzichtete der Mann aus Kenia auf seinen Einsatz als Schiedsrichter-Assistent bei der WM 2018.

Die Enthüllungen aus Ghana werfen ausgerechnet im Vorfeld der Weltmeisterschaft in Russland ein Schlaglicht auf das Ausmaß von Korruption in Fußballkreisen. Verständlich, dass sowohl der Weltfußballverband FIFA als auch der nationale GFA angekündigt haben, dass sie die Vorwürfe umfassend untersuchen wollen. Zuschauer, die den Film teilweise im International Conference Center in der Hauptstadt Accra verfolgt hatten, reagierten geschockt, Manche wollten nicht glauben, was sie dort zu sehen bekamen.

"Das ist so traurig. Hoffentlich haben das viele junge Leute gesehen. Ich hoffe, diese Leute werden sich das künftig zweimal überlegen, bevor sie Schmiergeld annehmen", sagt Samia Nkrumah der DW. "Ich glaube, ich bin kein Ghanaer mehr", meint Joshua Sarpong, ein anderer Zuschauer, enttäuscht. Der Verbandspräsident sei nicht zu halten. "Wir sollten im ganzen Land auf die Straße gehen, um zu protestieren, mein Freund", so Sarpong. "Glaub mir, das ist kein Spaß." Und Esther Armah ergänzt, sie sei "fassungslos, entsetzt, geschockt, erschrocken, einfach sprachlos". Die Glaubwürdigkeit der Fußballfunktionäre sei völlig dahin.

Ghana Jungen spielen Fußball auf der Straße
Noch unverdorben: Kids kicken auf den Straßen der Hauptstadt AccraBild: picture-alliance/dpa/Cameleon/S. McMay

Es dauerte übrigens auch nicht lange, bis sich Kritiker von Anas zu Wort meldeten. Sie attackierten die Methoden des Journalisten, der sich stets nur mit verdecktem Gesicht im Fernsehen zeigt, und zogen seine Glaubwürdigkeit in Zweifel. Ihn solle man ins Gefängnis werfen. Doch ein Vertrauter des Journalisten beruhigt und entgegnet, Anas ließen diese Vorwürfe unbeeindruckt. Der Reporter wolle eine objektive Untersuchung erreichen, "darum geht es, und sonst um gar nichts". Seinen Namen will der Vertraute im Gespräch mit der DW allerdings lieber nicht veröffentlicht sehen.

Der Fußball-Verband Ghanas braucht eine grundlegende Reform. Die Regierung will ihn zunächst komplett auflösen. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir den Mut haben, hier durchzugreifen. Es gibt natürlich auch unbelastete Funktionäre, aber das sind wenige", so der Beobachter der Szene, Henry Asante. "Daher müssen wir das komplette System säubern. Und dann brauchen wir neue Leute, die glaubwürdig genug sind."