"Open Arms" lehnt Spaniens Angebot ab
18. August 2019Die Flüchtlingshelfer des Rettungsschiffs "Open Arms" haben das Angebot zur Einfahrt in einen südspanischen Hafen abgelehnt. Der Vorschlag der Regierung in Madrid sei angesichts der Notlage an Bord "vollkommen undurchführbar", sagte eine Sprecherin der Hilfsorganisation Proactiva Open Arms dem Radiosender Cope. Der Gründer der NGO, Oscar Camps, verwies auf Twitter darauf, dass eine Fahrt von der italienischen Insel Lampedusa zum angebotenen Hafen mindestens fünf Tage dauern würde.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte angesichts der Notlage an Bord angeboten, das Schiff mit mehr als hundert Migranten an Bord im Hafen von Algeciras unweit von Gibraltar anlegen zu lassen. "Ich habe veranlasst, dass der Hafen von Algeciras für den Empfang der 'Open Arms' aktiviert werden soll", twitterte der sozialistische Ministerpräsident. "Spanien handelt immer in humanitären Notfällen."
Die "unvorstellbare Reaktion der italienischen Behörden, insbesondere ihres Innenministers Matteo Salvini, alle ihre Häfen zu schließen", sowie die Schwierigkeiten anderer Länder des zentralen Mittelmeerraums hätten Spanien zu dieser Entscheidung veranlasst, hieß es in einer offiziellen Erklärung.
Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte am Samstag nach langem Streit 27 unbegleitete Minderjährige von der "Open Arms" auf der Insel Lampedusa an Land gehen lassen, 105 Erwachsene und zwei begleitete Minderjährige mussten aber an Bord bleiben. Die dramatische Lage auf dem spanischen Rettungsschiff "Open Arms" spitzt sich nach zweieinhalb Wochen auf hoher See weiter zu. Verzweifelte Migranten sprangen am Sonntag ins Meer - offenbar um zu versuchen, die nahe gelegene italienische Insel Lampedusa schwimmend zu erreichen.
Frankreich kündigte derweil an, 40 der vom Rettungsschiff "Open Arms" geretteten Menschen aufnehmen. Allerdings müssten es Flüchtlinge sein oder Menschen, die "internationalen Schutz" benötigten, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf das Innenministerium.
Die "Ocean Viking", das Rettungsschiff der Hilfsorganisationen "Ärzte ohne Grenzen", und "SOS Mediterranee" mit 356 Flüchtlingen an Bord suchen weiterhin einen sicheren EU-Hafen zum Einlaufen.
Verdacht des Freiheitsentzugs
Zuvor hatte die italienische Küstenwache nahe Lampedusa 57 Migranten auf einem Boot entdeckt und auf die Insel gebracht. Es handele sich wahrscheinlich um Tunesier, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Das Boot befand sich, als die italienischen Rettungskräfte es auflasen, vor der Küste von Lampione, einer unbewohnten Nachbarinsel von Lampedusa. Unter den Migranten waren eine schwangere Frau und ein Junge, der offenbar einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. Ein Arzt untersuchte ihn, bevor er mit den anderen in ein Aufnahmezentrum gebracht wurde.
Derweil ließ die sizilianische Staatsanwaltschaft das Hauptquartier der Küstenwache in Rom durchsuchen, wie die Zeitung "La Repubblica" berichtete. Die Ermittler beschlagnahmten Aufnahmen von Gesprächen zwischen dem Innenministerium und der Küstenwache, um die Befehlskette dafür zu klären, wer die "Open Arms" daran hinderte, in Lampedusa anzulegen. Im Raum steht der Verdacht des Freiheitsentzugs und des Amtsmissbrauchs.
Ermittlungen gegen Salvini?
Die Küstenwache hatte Salvini am Freitag schriftlich mitgeteilt, einem "unverzüglichen Anlegen" des Rettungsschiffs stehe "nichts im Wege". Auch das nationale Koordinationszentrum für Rettungseinsätze in Rom hatte den Innenminister gebeten, dem Schiff schnellstens einen Hafen zuzuweisen.
Salvini weigerte such aber, das Schiff anlegen zu lassen, obwohl sich mehrere europäische Länder zur Aufnahme von Flüchtlingen von der "Open Arms" bereit erklärt haben, darunter Deutschland. Salvinis Ministerium bemängelte, es gebe bislang keine förmlichen Zusagen. Über den Umgang mit dem Schiff ist es zum Zerwürfnis zwischen Innenminister Salvini und Regierungschef Giuseppe Conte sowie weiteren Ministern gekommen.
pgr/cgn/fab (afp, dpa, epd, kna)