Schaubühne sagt Gastspiel in Istanbul ab
7. November 2017Das Ensemble sollte ursprünglich am 17. und 18. November im Rahmen des internationalen Theaterfestivals das Shakespeare-Stück "Richard III." mit Lars Eidinger in der Hauptrolle aufführen. Seit Wochen sind die beiden Aufführungen restlos ausverkauft. Das Theater erklärte am 7.11.2017 aber in einer offiziellen Mitteilung, Mitarbeiter des Hauses fürchteten angesichts der aktuellen politischen Lage in der Türkei um ihre Sicherheit.
Im Ensemble und unter den Mitarbeitern der beteiligten Gewerke sei bereits seit dem Sommer diskutiert worden, sagte Thomas Ostermeier, der das Stück an der Schaubühne inszeniert, der Deutschen Welle. "Ausschlaggebend war die Willkür, mit der deutsche Staatsbürger derzeit in der Türkei verhaftet werden", so der Regisseur, der die Festivalleiterin Leman Yilmaz bereits im Juli über die Bedenken informiert hatte.
"Die Gefahrenlage lässt sich nicht einschätzen"
Im September sowie in der vergangenen Woche sei die Frage nach der Sicherheit dann auch mit dem Leiter des Istanbuler Goethe-Instituts sowie einem Vertreter des Auswärtigen Amts erörtert worden. Danach sei deutlich geworden, dass die Zahl der Mitglieder, die eine Reise in die Türkei ablehnten, nicht durch Umbesetzungen hätte aufgefangen werden können.
Normalerweise sei die Schaubühne nicht dafür bekannt, vor Gastspielen in politisch schwierigen Regionen zurückzuschrecken, sagte Ostermeier und verwies auf Auftritte in Ramallah, Teheran und China. "Dort lässt sich die Gefahrenlage einschätzen, wenn man sich an die Landesregeln hält." Das sei momentan in der Türkei aber nicht der Fall.
Insgesamt 30 Mitarbeiter und Ensemblemitglieder sollten zum Festival nach Istanbul reisen. In den vergangenen Jahren war die Schaubühne dort bereits mit Inszenierungen vertreten gewesen, zuletzt vor zwei Jahren mit "Ein Volksfeind". Nach diesem Gastspiel habe es in der Erdogan-nahen Presse bereits sehr kritische Berichte gegeben, berichtete Ostermeier. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit gering sei, dass Mitarbeiter verhaftet würden, sei es unmöglich, deren Sicherheit zu garantieren. "Das möchte ich nicht verantworten", betonte der Regisseur.
tla/suc (Schaubühne, AFP)