Berliner Flughafen: Nur die Kosten heben ab
7. September 2012Fünf Wochen hatte der neue Technikchef gerade mal Zeit, um sich einzuarbeiten. Am Freitag (07.09.2012) nun sollte Horst Amann dem Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg seine Erkenntnisse berichten, wo es überall noch Probleme gibt auf der Baustelle und bis wann sie behoben werden können. Viele Stunden dauerten die Beratungen hinter den verschlossenen Türen der Feuerwache Ost des neuen Flughafens. Die immerhin ist schon fertig.Amanns Vorgänger Manfred Körtgen war gefeuert worden, nachdem er am 8. Mai eingestehen musste, dass der für den 3. Juni geplante Betriebsstart nicht zu halten war. Damals war schon bis ins kleinste Detail geplant, wie der Umzug vom alten Flughafen Berlin-Tegel über Nacht ablaufen sollte. Eine Armada von Umzugswagen und Tiefladern war gebucht, Polizisten waren eingeteilt, um die Stadtautobahn abzusperren, die Airlines hatten ihre Flugpläne umgeschrieben. Geschäftsleute am alten Flughafen hatten die Kündigung in der Tasche, andere hatten am neuen Flughafen Ladenflächen gemietet und Mitarbeiter eingestellt.
Viele Geschädigte
Viele dieser Arbeitnehmer hatten eine feste Anstellung gekündigt, um am neuen Flughafen anzufangen, und standen nun ohne Job da. Ihre vermeintlich künftigen Chefs hatten Ladeneinrichtung und Waren bestellt und nun auf unabsehbare Zeit keine Aussicht, etwas zu verkaufen. Nun laufen Verhandlungen über eine Entschädigung durch die Flughafengesellschaft, mit ungewissem Ausgang. Auch Airlines wollen Entschädigung für die Mehrkosten wegen des zu spät gestoppten Umzugs.
Solche Zahlungen sind noch nicht eingerechnet in die weit über eine Milliarde Mehrkosten, die inzwischen erwartet werden. Aufbringen müssen dieses Geld die drei Gesellschafter der Flughafengesellschaft: Berlin, das umliegende Bundesland Brandenburg, auf dessen Grund der Flughafen liegt, sowie die Bundesrepublik Deutschland.Steuerzahler sind sauer
Letztlich muss also der Steuerzahler das Planungsdesaster ausbaden. Und der nimmt das vor allem zwei Personen krumm: Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck. Wowereit ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft, Platzeck gehört dem 15-köpfigen Kontrollgremium ebenfalls an. Beiden Sozialdemokraten wird nun vorgeworfen, ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt und nicht genau genug hingeschaut zu haben. In Wählerumfragen bekommen das beide zu spüren.
Politisch gefährlich ist dies aber derzeit für keinen der beiden. In Brandenburg wird erst in zwei Jahren wieder gewählt, in Berlin sogar erst in drei Jahren. Zwar fordern in Brandenburg die oppositionellen Christdemokraten, Platzeck solle zurücktreten, aber das nimmt niemand besonders ernst. Denn dieselbe CDU ist in Berlin in einer Koalition mit Wowereits SPD und verteidigt dort den Regierenden Bürgermeister. Die anderen Parteien halten sich in beiden Bundesländern mit Rücktrittsforderungen zurück.Pleiten, Pech und Pannen
Vielleicht hängt das damit zusammen, dass nahezu jede Partei in der mittlerweile fast fünfzehnjährigen Planungs- und Bauzeit an einer der Regierungen beteiligt war. Es waren Jahre voller Pleiten, Pech und Pannen. Erst verzögerten Gerichtsentscheide wegen Planungs- und Vergabefehlern den Baubeginn um viele Jahre. Dann platzte wegen der Pleite einer Baufirma der ohnehin kaum mehr haltbare Eröffnungstermin im Oktober 2011. Als dann zuletzt die Eröffnung am 3. Juni 2012 abgesagt werden musste, wurde dies mit Mängeln an der Brandschutzanlage begründet. Daraufhin wurde der 17. März 2013 als neuer Eröffnungstermin verkündet.
Doch auch das erwies sich mittlerweile als voreilig. Der neue Technikchef Horst Amann musste feststellen, dass auch in anderen Bereichen die Pläne fehlerhaft und unvollständig waren. Vieles, was im neuen Terminal bereits fertig gebaut war, muss nun wieder herausgerissen werden. Bis zum 27. Oktober 2013 wollen es die Flughafenchefs jetzt schaffen, Fehlplanungen zu korrigieren und einen funktionsfähigen modernen Flughafen vor die Tore Berlins zu stellen. Dass das auch gelingt, darauf wettet hier aber niemand mehr.