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Berlinale-Motto: "Das Private ist politisch"

Jochen Kürten
5. Februar 2019

2019 setzen die Berliner Filmfestspiele auf die Themen Familie, Kindheit, Geschlechtergerechtigkeit und Ernährung. Der scheidende Festivaldirektor Dieter Kosslick drückt dem Festival ein letztes Mal den Stempel auf.

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Bildergalerie Kinopaläste in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

"Das Private ist politisch" lautet das Motto der 69. Berlinale und ausgeliehen hat es sich Dieter Kosslick bei der Frauenbewegung des Umbruch-Jahres 1968. Das "Private" spiegelt sich im "Politischen" - und umgekehrt: Das ließe sich sicherlich auf viele Filme und wohl auch auf viele große Filmfestivals übertragen. Natürlich ist jedes Festival-Motto, vor allem wenn es für 400 neue Filme steht, auch ein wenig beliebig. Schließlich setzt sich die Berlinale auch für inhaltliche und formale Vielfalt ein - also nicht gerade auf den einen allgemein gültigen Oberbegriff.

Berlinalethemen 2019: Familie, Kindheit, Geschlechtergerechtigkeit und Ernährung

Wie kann man also 400 Filmpremieren unter einem Motto zusammenfassen? Eigentlich geht das nicht und Dieter Kosslick weiß das auch. Aber Fakt ist auch: Ein Festivaldirektor muss sein Festival "verkaufen". Und dabei helfen griffige Formeln. Und ein paar sich durch viele Programmreihen ziehende Themen umschreibt das Motto und seine vier angekündigte Unteraspekte "Familie, Kindheit, Geschlechtergerechtigkeit und Ernährung" ja auch ganz gut - auch wenn sich nicht alle Filme des Jahrgangs 2019 unter das Motto subsumieren lassen.

Filmfestival Berlinale 2019 Wettbewerb | Film La paranza dei bambini | Piranhas
Familie und Kinheit - auch ein Thema im italienischen Wettbewerbsbeitrag "La paranza dei bambini"Bild: Palomar 2018

Familie: "Ich glaube, das hat auch damit etwas zu tun, dass je größer dieser ganze Globalisierungs-Wahnsinn wird, desto mehr sehnen sich die Menschen nach Geborgenheit", sagte Dieter Kosslick kurz vor dem Auftakt "seines" Festivals. Die Filme der Berlinale des Jahrgangs 2019 zeigten in vielen Fällen, wo es in Familien hakt, so Kosslick.

Kindheit: Wo Familie ist, da sind auch (oft) Kinder. Und sie spielen in zahlreichen Filmen des Festivals eine wichtige Rolle - in allen Sektionen des Festivals. Und dass die Berlinale auch etwas für die Kinder und Jugendlichen im Kino tut, spiegelt sich in den Reihen der Sektion "Generation" wider. Hier werden Filme ganz speziell für die jüngeren Zuschauer gezeigt. Die Berlinale - das war und ist auch immer ein Festival für alle Altersschichten.

Frauen setzen bei der Berlinale 2019 einen starken Akzent

Geschlechtergerechtigkeit: Hier setzt das Festival in diesem Jahr ein kräftiges und unübersehbares Zeichen. Die Jury-Präsidentin (Juliette Binoche), die Regisseurin des Eröffnungsfilms (Lone Scherfig), die Trägerin des Ehren-Bärs (Charlotte Rampling) - sie alle sind weibliche Filmschaffende. Die Liste ließe sich fortsetzen. Dazu dreht sich bei der filmhistorischen Retrospektive alles um die Regisseurinnen des deutschen Films. Und: Bei den 400 neuen Filmen, die bei der 69. Berlinale gezeigt werden, waren 191 Frauen auf dem Regiestuhl aktiv - eine glänzende Bilanz. Vor allem auch, wenn man das mit den Konkurrenz-Festivals in Cannes und Venedig vergleicht!

Filmfestival Berlinale 2019 Retrospektive l Selbstbestimmt l Film Die allseitig reduzierte Persönlichkeit - Redupers
Frauen hinter der Kamera: In allen Sektionen ein Thema, hier die Regisseurin Helke Sander, vertreten in der Retrospektive "Selbstbestimmt"Bild: Deutsche Kinemathek, Basis-Film Verleih

Ernährung: Noch einmal Dieter Kosslick: "Wir erfahren, dass das, was wir für privaten Konsum halten, das Produkt weltweit agierender Agrar- und Lebensmittelkonzerne ist." Das Thema Ernährung ist nun wirklich eines, dass sich Kosslick erarbeitet hat. Die Festivalsektion "Kulinarisches Kino" hat der 1948 geborene Direktor vor ein paar Jahren für die Berlinale erfunden und gezeigt werden Filme rund ums Essen und die Ernährung. Das ist ein wichtiges Thema in der globalisierten Welt, in der in vielen Erdteilen immer noch Mangelernährung herrscht. Auch damit setzt die Berlinale ein Zeichen.

Die Berlinale: politisches Festival in der Vergangenheit und Gegenwart

Das "Private" ist also "Politisch". Alles hängt mit allem zusammen, könnte man auch spotten. Doch die "Berlinale" ist tatsächlich ein politisches Filmfestival, das hat sie in den vergangenen Jahrzehnten oft bewiesen. Einfach weil sie immer schon viele Filme gezeigt hat, in der gesellschaftliche und politische Themen behandelt wurden. Und auch, weil die Stadt für viele Jahre im Zentrum des Ost-West-Konflikts stand. 

Und da privates Handeln im weitesten Sinne auch immer etwas mit Politik zu tun haben kann - das Beispiel Ernährung zeigt das vortrefflich - geht das Motto der Berlinale in diesem Jahr schon in Ordnung. Viele Filme dürften diese Themensetzungen wiederspiegeln.