Berliner Filmfestspiele 2021 verschoben
18. Dezember 2020Die Berlinale wird angesichts der Pandemie nicht wie geplant im Februar 2021 stattfinden. Stattdessen soll es im März einen digitalen Branchentreff geben - mit Online-Filmvorführungen ausschließlich für die Filmindustrie - sowie den European Film Market (EFM). Im Juni ist dann ein Festival mit Filmvorführungen vor Publikum geplant, wie die Internationalen Filmfestspiele am Freitag in Berlin bestätigten.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters nannte die alternative Planung der Berlinale ein "starkes kultur- und filmpolitisches Signal". Die Marke Berlinale zeige so "auch in 2021 ihre Strahlkraft." Auch den EFM in den Sommer zu verschieben, eine der wichtigsten Filmbörsen weltweit, wäre zu spät, so Branchenkenner. Vor allem, weil auch das Festival von Cannes, das im Mai stattfinden soll, einen Filmmarkt hat.
Noch Anfang Dezember hatten sich die Veranstalter zuversichtlich gezeigt und betont, es sei nach wie vor ihr Wunsch, die Berlinale als reales und nicht digitales Festival zu organisieren und so "auch 2021 einen Ort des Austauschs und der Begegnung zu bieten". Die Berlinale beobachte "die COVID-19-Situation seit Monaten sehr genau", sagte Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek. Man habe die Durchführbarkeit des Festivals im Februar sorgsam geprüft.
2021: Zweigeteilte Berlinale
Zuvor hatte die Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Katrin Budde, für eine Verschiebung der Berlinale in den frühen Sommer plädiert. "Das finde ich sinnvoller als eine Online-Variante oder eine Absage. Auf die Berlinale ganz zu verzichten, würde ich sehr schade finden", sagte die SPD-Politikerin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das Filmfestival sei nichts Elitäres, sondern werde von vielen Menschen genutzt. Zudem hätten verschiedenste Filmemacher dort die Möglichkeit, ihre Werke vorzustellen. "Netflix und Streaming-Dienste sind nicht alles. Und auch keine Alternative zur Berlinale", so Budde weiter.
Die Organisatoren der Internationalen Filmfestspiele Berlin hatten bereits im August 2020, als die Zahl der COVID-19-Infektionen noch relativ unter Kontrolle war, mitgeteilt, sie würden bereits ein hybrides Format für die Berliner Parallelveranstaltung, den European Film Market, entwickeln. "In Zeiten der Corona-Pandemie ist noch deutlicher geworden, dass wir im Kulturbereich nach wie vor analoge Erlebnisräume brauchen", erklärte das Direktoren-Duo der Berlinale, Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, seinerzeit in einem Statement.
Angesichts der aktuellen Rekordzahl von Neuinfektionen und der alarmierenden Zunahme von täglichen Todesfällen in Deutschland musste die Berlinale-Leitung ihre optimistischen Erwartungen offenbar neu justieren.
Skeptisch äußerte sich Anfang Dezember auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer. Er bezweifelte, ob die Berlinale "im Februar hier in der ganzen Stadt volle Kinos haben kann. Ich glaube nicht, dass das bei den jetzigen Infektionszahlen der Fall sein wird". Fest steht bereits, dass alle Berliner Kultureinrichtungen bis Mitte Januar 2021 geschlossen bleiben müssen. Lederer sagte dazu in einer Twitter-Videobotschaft, er rechne damit, dass die Sperre gerade für die Kinos "noch ein bisschen länger andauern wird."
Berlinale 2020: Die letzten Tage der Unschuld
Die letzten Filmfestspiele endeten am 1. März 2020. Einen Tag später, am 2. März, wurde der erste offizielle Fall von COVID-19 in Berlin entdeckt. Während der gesamten Berlinale 2020 war das neuartige Coronavirus in China zwar überall ein Gesprächsthema - und die Menschen begannen bereits, sich gründlicher die Hände zu waschen. Doch im Februar fühlte sich das alles noch relativ normal an.
Mehr als 330.000 Tickets wurden damals für die dicht gedrängten Kinovorführungen verkauft, über 18.500 Filmschaffende aus 132 Ländern und fast 3.500 Journalisten aus aller Welt kamen zur renommierten Berlinale in die deutsche Hauptstadt. Partys und zahlreiche Rote-Teppich-Veranstaltungen brachten Glanz in den deprimierend grauen Monat Februar. Die Bezeichnung "Social Distancing" für das Gebot des Abstandhaltens war noch nicht gebräuchlich.
Damit war die Berlinale das letzte große Film- und Kulturfestival in Europa, das nicht von Corona betroffen war. Eine Woche später erklärte die Weltgesundheitsorganisation COVID-19 zu einer globalen Pandemie.
Absagen und eingeschränkte Veranstaltungen
Die großen Filmfestivals, die im Frühjahr 2020 folgten, fanden entweder digital oder in hybrider Form statt. Oder sie wurden ganz abgesagt. So auch das Filmfestival in Cannes, das nach seiner Absage eine symbolische "Miniversion" seines Festivals veranstaltete und eine Auswahl von Filmen zeigte, die auch sonst im Programm gestanden hätten.
Im September 2020 widersetzte sich auch die Biennale, die Filmfestspiele von Venedig, dem digitalen Trend und veranstaltete vor Ort auf dem Lido ein reales Event - wenn auch in "zurückhaltendem Format", mit stark reduzierten Besucherzahlen, gezielten Temperaturkontrollen vor den Kinosälen und Maskenpflicht auch in halbvollen Kinosälen. Mit Erfolg, die Corona-Schutz-Bilanz fiel gut aus.
Das Cairo International Film Festival - eines der weltweit 15 Filmfestivals der Kategorie A - hatte seinen ursprünglichen Termin im November 2020 wegen der Pandemie verschoben und vom 2. bis 10. Dezember 2020 ein lokales Event für die Branchen-Elite veranstaltet. Auf Fotos von Prominenten und Schauspielern auf dem roten Teppich waren allerdings keine Masken zu sehen. Ägypten steht erst am Anfang einer zweiten Infektionswelle.
Ganz anders in den USA, wo die Marke von über 3.000 täglichen Todesfällen inzwischen erreicht ist. Ein Filmfestival der herkömmlichen Art wäre dort undenkbar. Das Sundance Filmfestival, das größte unabhängige Filmfestival in den USA, kündigte an, dass sein Hauptprogramm vom 28. Januar bis zum 3. Februar 2021 auf einer Online-Plattform stattfinden wird. Über 70 Filme werden dort uraufgeführt. Nur eine kleine Auswahl davon wird landesweit in den Kinos gezeigt.
Adaption: Sven Töniges