Berlin fürchtet Eskalation
17. März 2014Nach dem Referendum auf der Krim fürchtet die Bundesregierung offenbar auch eine Eskalation der Situation in der Ost- und Süd-Ukraine. Die permanenten Versuche, die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine zu verletzen und das Land zu destabilisieren, hielten an, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Russland müsse sämtliche militärischen Aktivitäten einstellen, sofern sie nicht durch Verträge mit der Ukraine gedeckt seien.
"Gedankenspiele mit einem Eingreifen in weiteren Teilen der Ukraine sind inakzeptabel und sehr gefährlich", betonte Merkels Sprecher mit Blickrichtung Moskau. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) geäußert, der in Brüssel an einem Treffen der EU-Außenminister teilnimmt. Berlin fordert die schnelle Entsendung einer OSZE-Beobachtermission in die Ost- und Süd-Ukraine und hofft auf einen schnellen Beschluss der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Offensichtlich hält man auch eine Zustimmung Russlands, das Mitglied der OSZE ist, für möglich. Der russische Präsident Wladimir Putin habe die Initiative in einem Telefongespräch mit Kanzlerin Merkel "positiv bewertet", berichtete Seibert.
Berlin will schnell konkrete Hilfe für Ukrainer
Im Namen der Bundesregierung bewertete Merkels Sprecher das soeben abgehaltene Referendum auf der Krim als illegal und nichtig: "Deutschland verurteilt die Abhaltung dieser unrechtmäßigen Abstimmung, wir werden ihr Ergebnis nicht anerkennen." Das Referendum widerspreche der Verfassung der Ukraine und dem internationalen Recht. Außerdem sei es unter Präsenz militärischer und paramilitärischer Kräfte abgehalten worden. Die Referendumsfragen seien so abgefasst gewesen, dass keine Möglichkeit bestand, für den Status Quo zu stimmen.
Berlin appeliert an Internationalen Währungsfonds (IWF) und Europäische Union, schnelle konkrete Hilfe für die Ukraine zu beschließen, die für die dortigen Bürger spürbar seien. Der Russland-Koordinator der Bundesregierung, Gernot Erler, machte im ARD-Fernsehen darauf aufmerksam, dass bei jeder neuen Sanktionsstufe gegen Moskau die Tür zu Verhandlungen offen bleibe. Man müsse aus einer Eskalation der Sanktionen, die unkontrollierbar werden könne, auch wieder herauskommen. Der Weg sei aus deutscher Sicht weiterhin die Einrichtung einer Kontaktgruppe, um direkte Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew anzubahnen.
"Ausweg für die Diplomatie bleibt"
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich sagte gegenüber der DW, Sanktionen angesichts der Entwicklung auf der Krim müssten eine Deeskalation der Lage nicht unbedingt schwieriger machen. Die Europäische Union sei sich im Klaren, dass neue Sanktionen schrittweise erfolgen und einen Ausweg für die Diplomatie aufzeigen müssten. Schließlich habe auch die Entscheidung des UN-Sicherheitsrats Moskau deutlich gemacht, dass es alleine stehe. Bei der Abstimmung des Gremiums über eine Krim-Resolution hatte sich auch die Volksrepublik China enthalten. Allein Russland hatte die Resolution durch sein Veto verhindert.
Der außenpolitische Experte der CDU Philipp Mißfelder mahnte, trotz der völkerrechtswidrigen Abspaltung der Krim von der Ukraine solle mit Sanktionen maßvoll umgegangen werden. Man müsse aufpassen, dass man sich nicht ins eigene Fleisch schneide: "Den Amerikanern und der amerikanischen Öffentlichkeit ist das vielleicht egal. Aber sie haben auch nicht diese Handelsbeziehungen, die zum Beispiel Deutschland mit Russland traditionell hat."