Berlin muss bei US-Drohnenkrieg genau hinsehen
19. März 2019Drei jemenitische Kläger haben im Zusammenhang mit tödlichen US-Drohnenangriffen in ihrer Heimat einen Teilerfolg vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster erzielt. Die Richter entschieden, die Bundesrepublik Deutschland, gegen die sich die Klage richtete, müsse sich durch "geeignete Maßnahmen" vergewissern, ob die USA bei ihren Drohneneinsätzen im Jemen das Völkerrecht wahren.
Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Nutzung eines US-Militärstützpunkts auf deutschem Territorium - im pfälzischen Ramstein, nicht weit von Kaiserslautern. Es ist die größte US-Militärbasis im Ausland. Belegt sei, dass eine Satelliten-Relais-Station in Ramstein bis heute eine zentrale Rolle bei den US-Drohnenangriffen spiele, sagte der Vorsitzende Richter Wolf Sarnighausen. Und es gebe "offenkundige tatsächliche Anhaltspunkte" dafür, dass die Vereinigten Staaten unter Verwendung technischer Einrichtungen der Air Base Drohneneinsätze im Jemen durchführten, die "zumindest teilweise gegen Völkerrecht verstoßen".
"Auf Einhaltung des Völkerrechts hinwirken"
Die Kläger, die nach eigenen Angaben Angehörige in ihrer Heimat verloren hatten, scheiterten allerdings mit einer wichtigen Forderung: Deutschland muss den USA die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts nicht verbieten. Sollten sich bei aktiven Nachforschungen aber Rechtsverletzungen zeigen, müsse die Bundesregierung gegenüber den USA auf die Einhaltung des Völkerrechts "hinwirken".
Der Senat erklärte, Deutschland habe eine Schutzpflicht bezogen auf das Leben der Kläger, die nach eigener Aussage fürchten, auch selbst einem Drohnenangriff zum Opfer zu fallen. Eine solche Schutzpflicht des Staates bestehe bei Gefahren für das Grundrecht auf Leben auch bei Auslandssachverhalten, sofern ein hinreichend enger Bezug zum deutschen Staat bestehe, so die Richter. Die Bundesrepublik habe diese Schutzpflicht bisher nicht ausreichend erfüllt. Angesichts der großen Bedeutung und der politischen Dimension des Falls ließ das OVG Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu.
Berufung eines Somaliers erfolglos
Zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht in einem anderen Fall die Klage eines Somaliers gegen Deutschland abgewiesen. Der Mann hatte argumentiert, ein Drohnenangriff der USA in seiner Heimat 2012 sei nur unter Beteiligung der US-Militärbasis Ramstein und der Nutzung der dortigen Satelliten-Relais-Station möglich gewesen.
Bei diesem Angriff, so der Kläger, sei auch sein Vater getötet worden. Die Richter kamen indes nicht zu der Überzeugung, dass hierfür tatsächlich eine US-Drohne die Ursache war. Darüber hinaus stellte der Senat in Frage, dass die Satelliten-Relais-Station damals überhaupt schon fertiggestellt war. Nach Medienberichten sei das erst Ende 2013 geschehen, sagte Richter Sarnighausen.
Insgesamt sei davon auszugehen, dass deutsche Behörden "von Einsätzen bewaffneter Drohnen in Somalia unter Einbindung von US-Einrichtungen in Deutschland" 2012 keine Kenntnis gehabt hätten. Es könne keine Pflichtverletzung der Bundesrepublik festgestellt werden. Daher, so die Richter, sei die Berufung unzulässig und unbegründet. Revision ließ das OVG nicht zu. Gegen die Entscheidung ist aber eine Beschwerde möglich, weshalb auch dieses Urteil aus Münster zunächst nicht rechtskräftig ist.
Die USA führen seit Jahren Drohnenangriffe gegen Personen durch, die sie des Terrorismus beschuldigen. Einsatzgebiete sind dabei nicht nur Somalia und der Jemen, sondern auch weitere Länder wie Pakistan und Afghanistan.
jj/kle (dpa, afp, kna)