Angst vor Winterkorn bei VW?
7. November 2015In dem Skandal um falsche Angaben über den CO2-Ausstoß bei Volkswagen-Modellen liegen der Konzernrevision laut einem Bericht der "Bild am Sonntag" mehrere Geständnisse von VW-Mitarbeitern vor. Die Ingenieure hätten angegeben, sie hätten die ambitionierten Ziele des inzwischen zurückgetretenen VW-Chefs Martin Winterkorn mit legalen Mitteln nicht erreichen können, berichtet das Blatt. Winterkorn hatte beim Genfer Autosalon im März 2012 angekündigt, VW werde den CO2-Ausstoß seiner Modelle bis 2015 um 30 Prozent verringern.
Einer nahm seinen Mut zusammen
Die Techniker hätten sich den Geständnissen zufolge nicht getraut, ihren obersten Chef mit den tatsächlichen Umsetzungsschwierigkeiten zu konfrontieren, schreibt die "BamS". Dem Bericht zufolge begannen die Manipulationen 2013 und liefen bis zum Frühjahr 2015. Der ganze Schwindel sei aufgeflogen, weil ein Wolfsburger Ingenieur Ende Oktober sein Schweigen gebrochen habe. Der Mitarbeiter der Abteilung Forschung und Entwicklung berichtete demnach seinem Vorgesetzten von einem großangelegten CO2-Betrug. Die Techniker hätten mit diversen unerlaubten Maßnahmen die Werte manipuliert, zum Beispiel durch einen höheren Reifendruck von mehr als 3,5 bar. Außerdem sei auch Diesel ins Motoröl gemischt worden, damit Testwagen leichter liefen und weniger Sprit verbrauchten.
Der Konzern prüft laut "BamS" derzeit, welche Mitarbeiter beurlaubt werden müssen. Der Techniker, der mit seinem Geständnis alles ins Rollen gebracht habe, dürfe bleiben. "Wir können nicht jemanden bestrafen, der so einen mutigen Schritt gemacht hat", hieß es dem Bericht zufolge in der Konzernspitze. VW hatte am Dienstag mitgeteilt, dass bei der Zertifizierung von rund 800.000 seiner Fahrzeuge zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt worden seien. Der CO2-Ausstoß eines Autos spielt bei der Berechnung der Kfz-Steuer eine Rolle.
Der Konzern steht wegen der manipulierten Abgaswerte ohnehin seit Wochen massiv unter Druck. Im September hatte das Unternehmen nach Enthüllungen der US-Umweltbehörde EPA zugeben müssen, dass bei rund elf Millionen Dieselfahrzeugen Software eingesetzt war, welche die Abgaswerte als zu niedrig auswies.
Wegen des Skandals fürchten VW-Manager einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge persönliche Konsequenzen bei Reisen in die USA. Es sei unwahrscheinlich geworden, dass der neue Volkswagen-Chef Matthias Müller wie geplant in der zweiten Novemberhälfte in die Vereinigten Staaten reise, berichtete das Blatt am Samstag vorab unter Berufung auf eine mit der Sache direkt vertraute Person aus Müllers Umfeld. Hintergrund sind demnach Befürchtungen, Führungskräfte könnten festgesetzt werden. Müller suche eigentlich das rasche Gespräch mit Ermittlern und Politikern, doch derzeit sei das auf US-Boden zu heikel. "Wir brauchen hier erst Rechtssicherheit, bevor er in die USA fliegen kann", verlautete dem Blatt zufolge aus der Konzernführung. Ein VW-Sprecher sagte dazu: "Reisen von Volkswagen-Mitarbeitern in die USA fanden und finden statt. Alles weitere sind Spekulationen."
Dem Zeitungsbericht zufolge haben US-Ermittler aufgrund des Skandals einem VW-Manager bereits den Pass abgenommen. Sie wollten nach Einschätzung von Volkswagen damit offenbar verhindern, dass sich der Manager einer Befragung oder strafrechtlichen Verfolgung entziehe.
ml/haz (afp,rtr)