Mobiles DNA-Labor für jedermann
25. Oktober 2016Deutsche Welle: Frau Wolfenden, Sie sind Mitbegründerin von Bento Lab. Das ist ein kleines DNA-Analyselabor im Taschenformat. Inklusive Starter-Kit, T-Shirt und Lunch-Box kostet es unter 1000 Euro. Was kann man damit alles machen?
Bethan Wolfenden: Das Bento Lab ist ein Gerät zur allgemeinen DNA-Analyse. Vier Dinge stecken darin: Erstens hat es eine Zentrifuge, mit der sich die DNA aus Zellen extrahieren lässt. Zweitens gibt es eine PCR-Maschine (Polymerase-Kettenreaktion). Die kann man sich wie einen DNA-Fotokopierer vorstellen. Dann gibt es noch einen LED-Transilluminator für blaues Licht, kombiniert mit einer Gel-Elektrophorese-Einheit. Die erlaubt es, DNA sichtbar zu machen und festzustellen, ob die Analyse korrekt ist und ob man das gefunden hat, wonach man sucht.
Wonach möchte ich denn suchen?
Die Einsatzgebiete gehen sehr weit. Zum Beispiel könnte ich damit mein eigenes Genom anschauen und herausfinden, ob ich einen Genotypen besitze, der es ermöglicht, Bitterkeit zu schmecken [eine Voraussetzung dafür, Gifte zu erkennen]. Oder ich könnte meine Blutgruppe herausfinden und nach einer Veranlagung für Generkrankungen suchen.
Außerdem lassen sich auch Tier- oder Pflanzenarten bestimmen: Zum Beispiel um herauszufinden, ob es Pferdefleisch im Hamburger gibt, oder um sicherzugehen, dass der Pilz, den man gesammelt hat genießbar ist.
Und wer will, kann noch einen Schritt weitergehen und anfangen, mit diesen Genen etwas zu bauen - genetische Schaltungen, die eine bestimmte Funktion erfüllen. Das könnten zum Beispiel Bakterien sein, die anfangen zu leuchten, wenn man sie schüttelt, oder man kann das in eine Pflanze transferieren, sodass sie auch leuchtet.
Besonders verblüffend finde ich die Größe des Bento Lab - nur etwa so groß wie ein Laptop. Ist das einfach effizientes Design, oder gibt es einen anderen Grund dafür?
Wir haben die Komplexität der Laborausstattung wirklich reduziert. Im echten Labor sind die Ausstattungen oft deshalb größer, weil man mit Hochdurchsatz arbeitet [also robotisch viele hundert Proben hintereinander bearbeitet]. Aber man kann auch das gleiche Experiment herunterskalieren - etwa um nur eine Probe zu testen. Bento Lab nutzt man, um dabei etwas zu lernen oder um zu experimentieren. Natürlich würde man es nicht einsetzen, um noch heute 102 weitere Proben zu überprüfen.
Wenn ich rausgehe, um zu arbeiten, nehme ich meinen Laptop mit. Kann ich das auch mit dem Bento Lab tun?
Ja, wir kennen Forscher, die es tatsächlich dabei hatten als sie unterwegs waren - zum Beispiel in Brasilien, um [Virus-] Diagnosen durchzuführen.
Daher war auch unser Ziel, das Gerät so robust wie möglich zu gestalten. Und möglichst simple, damit es auch für Amateure gut nutzbar ist, die es vielleicht als modernen Chemiebaukasten zu Weihnachten geschenkt bekommen. Und wenn es für Laien gedacht ist, sollte es auch mal einen Sturz verkraften. Würde man es einem 14-Jährigen schenken, soll es ja länger als ein paar Wochen überstehen.
Warum sollte man jemandem - der die ethische Debatte um diese Form der wissenschaftlichen Arbeit möglicherweise noch gar nicht versteht - so eine mächtige Maschine an die Hand geben?
Es geht doch um Bildung und Erziehung. Wenn wir uns fragen, ob es gefährlich ist, sollten wir auch darüber sprechen wie die Menschen erst einmal lernen können, worum es dabei eigentlich geht.
Bruce Whitelaw vom Roselin Institute sagte vorher [auf der Konferenz "Battles of Ideas" in London 2016]: Ein Kind könnte ja auch einfach mit dem Hammer losgehen und jede Menge Schaden anrichten. Das [Starter-] Kit, das wir entwickelt haben, ist eine Art Chemiebaukasten mit zehn verschiedenen Experimenten und es wird sehr schwierig darüber hinaus zu gehen - es sei denn, man ist hochmotiviert und wirklich zielstrebig.
Da sind zum Beispiel solche Zwölfjährigen wie mein Mitbegründer Philipp [Boeing]: Er hat in diesem Alter gelernt, Computer und Spiele zu programmieren. So jemand könnte auch eine Menge Schaden anrichten durch Software-Hacking - wenn er wollte. Aber wenn man den Kindern von Anfang an das Verständnis und das Lernen ermöglicht, kann man damit auch eine Kultur der Verantwortung schaffen.
Bethan Wolfenden und ihr Kollege Philipp Boeing entwickeln das Bento Lab als Open Source-Plattform. Sie haben dazu mehr als 170.000 Euro in einer Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter.com zusammengetragen.
Das Interview führte Zulfikar Abbany auf der Konferenz "Battle of Ideas 2016" in London.