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Belgien aus Sicht eines Belgiers

20. Juli 2005

Eine Geburtstagsrede für Belgien: Die kann natürlich niemand anders besser halten als ein Belgier selbst!

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Happy Birthday Belgien!

Wir sind das beleuchtete Stück Autobahn auf dem Weg nach Paris. Das waren wir schon immer. Eigentlich war das gut so, denn seit zehn Jahren sind wir noch etwas anderes: Wir sind Dutroux-Land. Potenzielle Kinderschänder der schlimmsten Sorte. Eine Katastrophe ohnehin und dazu ein PR-GAU sondergleichen. Dagegen ist die Reduktion eines ganzen Landes auf ein paar beleuchtete Autobahnen sogar ein Kompliment.

Die Nummer zwei

Als es die Satirezeitschrift "Pardon“ noch gab, hatten die mal eine Serie. Die hieß, wir verarschen kleine Nachbarvölker. Folge eins: Holland. Folge zwei: Belgien. Wieder nur zweiter. Denn auch bei jeder Qualifikation zur Fußball EM oder WM sind wir maximal zweiter, weil wir gegen Holland immer verlieren. Das ist erstaunlich, sagen doch alle, dass die Hälfte der Belgier sowieso eigentlich und im Grunde Holländer seien. Nämlich alle die flämisch sprechen. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Holländisch und Flämisch? Die andere Hälfte spricht Französisch, also alles eigentlich Franzosen. So wird Belgien wegdefiniert. Gibt es gar nicht, das Land. König Albert ist auch keineswegs König von Belgien, sondern nur König der Belgier. Das wissen aber selbst viele seiner Untertanen nicht.

Ach so, Belgien ist die EU

Der Beamten-Moloch in Brüssel. In der EU kommt alles Schlechte aus Brüssel, also aus Belgien. Wieder verloren. Dabei sind wir die einzigen echten Europäer. Maximal eine Stunde mit dem Auto und der Belgier ist nicht mehr in Belgien oder die Leute um ihn herum verstehen seine Sprache nicht mehr. Das gibt es sonst nur noch in Luxemburg. Die schlagen wir übrigens immer, im Fußball. Das tut gut, denn dummerweise sind die Luxemburger viel reicher als wir. Wir hatten mal Eddy Merckx. Daran denken wir immer mit Sehnsucht, gerade jetzt wo Tour de France ist. Dann können wir immerhin mal auf die Deutschen herabgucken. Wer ist schon Jan Ullrich? Aber dass wir jetzt im ganzen Land Autobahnschilder haben auf denen "Aachen“ steht, und nicht nur in flämisch "Aken“ oder auf französisch "Aix-la-chapelle“, das tut schon weh. Aber wir waren es einfach leid, dauernd deutschen Autofahren, die sich heillos in unserem kleinen Land verfahren hatten, den Weg nach Hause zu erklären. Wir sollten endlich das Mautsystem von Toll-Collect kaufen, die Autobahnbeleuchtung ausschalten und endlich reich werden. Dann haben wir wenigstens was davon, nur ein Stück Durchgangsautobahn in Europa zu sein, auf dem man besser seine Töchter in Sicherheit bringt.

Patrick Leusch

Der Autor lebt seit 23 Jahren in Deutschland, ist mit einer Deutschen verheiratet, hat sich aber entschlossen, bis an sein Lebensende Belgier zu bleiben.